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Politik: Samariter preist Samariter

Berlin - Irgendwann muss es auch Ottmar Schreiner zu viel gewesen sein. Wenigstens zog er mal kurz die Augenbraue hoch als Heiner Geißler ihn zum barmherzigen Samariter erkor, der Verletzten hilft und sie nicht am Wegesrand liegen lässt wie all die anderen, die weniger Guten.

Berlin - Irgendwann muss es auch Ottmar Schreiner zu viel gewesen sein. Wenigstens zog er mal kurz die Augenbraue hoch als Heiner Geißler ihn zum barmherzigen Samariter erkor, der Verletzten hilft und sie nicht am Wegesrand liegen lässt wie all die anderen, die weniger Guten. Geißler bemühte dieses Gleichnis aus dem Neuen Testament, um zu erklären, warum er das Buch „Die Gerechtigkeitslücke“ von Ottmar Schreiner vorstellte. Eigentlich wollte er damit nur sagen, der Schreiner ist einer wie ich. Schließlich spielt der Christdemokrat auch immer wieder parteiinterne Opposition so wie Schreiner in der SPD.

Der Bundestagsabgeordnete und Parteilinke gilt als hartnäckigster Kritiker der Agenda 2010. Sein Buch ist eine Abrechnung mit der Reformpolitik und da trifft es sich gut, dass nur wenige Tage vor der Buchpräsentation mit Frank-Walter Steinmeier und Franz Müntefering zwei waschechte Agenda-Politiker die Parteiführung übernommen haben. Schreiner war es auch, der am Montag im Parteivorstand als Einziger gegen die Nominierung Münteferings als neuen Parteivorsitzenden stimmte. Dass seine Freunde des linken Flügels diesem Beispiel nicht folgten, scheint ihn überrascht zu haben: „Niemand ist vor Verwirrung gefeit.“

Eine „geballte Portion moralischer Entrüstung“ über eine „unanständige“ Politik habe ihn motiviert, das Buch zu schreiben. Darin fordert er einen „Pakt für soziale Gerechtigkeit“. Er prangert die zunehmende Alters- und Kinderarmut sowie das marode Bildungssystem und den zu großen Niedriglohnsektor an, was alles Folgen der Agenda 2010 seien. Schreiner forderte Steinmeier auf, Fehlentwicklungen der Agenda-Politik einzugestehen: „Da bricht ihm kein Zacken aus der Krone.“ Steinmeier halte er für „lernfähig“. Bei Müntefering sei er sich nicht sicher. Trotz Differenzen mit der Politik seiner Partei versicherte Schreiner, SPD-Mitglied bleiben zu wollen. Eine Annäherung zur Linkspartei würde er dennoch begrüßen. „Ich glaube nicht, dass die SPD den Widerspruch zwischen Kooperationen auf regionaler Ebene und keiner Kooperation im Bund auf Dauer halten kann.“ Geißler stimmte dem zu. Die beiden Samariter waren sich einig. Christian Tretbar

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