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Politik: Schade um die Marken

Von Dieter Fockenbrock

Die Botschaft aus dem fernen Detroit ist vernichtend. 12 000 Jobs will der weltgrößte Autokonzern General Motors in Europa streichen, die meisten bei seiner Tochter Opel. Das Gerücht gibt es zwar schon seit Tagen. Und doch – diese Zahl ist, nüchtern notiert in einem Pressestatement, so brutal und unglaublich, dass man schon den Untergang des deutschen Traditionsautos Opel zu spüren meint. Wie bei Grundig oder AEG – sie hat der gnadenlose Wettbewerb von der Bildfläche gefegt.

Und jetzt Opel? Oder Karstadt? Da scheint es noch viel schlimmer auszusehen. Das gefährliche Wort von der Insolvenz hat längst die Runde gemacht. Der Kaufhauskonzern kämpft ums nackte Überleben. Auch hier gibt es seit Donnerstag erstmals konkrete Zahlen. 5500 Stellen werden gestrichen. Was aus den Mitarbeitern der zum Verkauf stehenden KarstadtHäuser wird, steht in den Sternen. Insgesamt sind 20000 Menschen von der Sanierung betroffen. Immerhin: Ein milliardenschweres Sanierungspaket liegt auf dem Tisch.

Nun haben ein Autohersteller wie Opel und ein Handelskonzern wie Karstadt wenig gemeinsam. Und der Fall des Elektrokonzerns Siemens, der im Frühjahr 5000 Jobs in Deutschland streichen und ins Ausland verlagern wollte, spielt in wieder einer anderen Branche. Das nährt den Verdacht, grundsätzlich könnte irgendetwas in der deutschen Wirtschaft schief laufen. Nicht eine bestimmte Branche, das System krankt.

Die Standarderklärungen kennen wir: zu hohe Lohnkosten, verkrustete Bürokratie, starrer Arbeitsmarkt. Das alles ist richtig, aber erklärt nicht alles. Schon gar nicht die massiven Probleme bei den aktuellen Sanierungsfällen Karstadt und Opel. Die haben – bei allen Unterschieden – eine bemerkenswerte Gemeinsamkeit, die ein Industrieunternehmen genauso wie eine Handelsfirma in den Ruin treiben kann. Und diese Gemeinsamkeit heißt: Managementfehler.

Der Karstadt-Vorstand hat es verschlafen, den Handelsriesen vom Kramladen mit Allerweltsangebot in ein zeitgemäßes Shopping-Center umzubauen. Da ist die Konkurrenz früher wach geworden. Und Opel hat in den neunziger Jahren gleich zwei Modellzyklen im Automobilbau ungenutzt verstreichen lassen. Hinzu kamen Qualitätsmängel, die es der Konkurrenz aus Europa und Fernost leicht machten, den Rüsselsheimern Marktanteile abzujagen. Heute hat sich Opel weitgehend aus der Riege der Markenführer verabschiedet. Opel ist austauschbar geworden. Ob Astra, Corsa oder Zafira: Opel werden fast nur noch über den Preis verkauft. Und zu Karstadt geht man weniger wegen des Einkaufserlebnisses als wegen der günstigen Preise.

Doch wer sich in den Billig-Konkurrenzkampf begibt, der kommt schnell darin um. Dem machen schon kleinste Konjunkturschwankungen schwer zu schaffen. Das spürt auch Opels härtester Wettbewerber Volkswagen. Die Wolfsburger verschenkten anfangs Klimaanlagen für ihren neuen Golf, um die fünfte Generation ihres Butter-und-Brot-Autos an den Mann zu bringen. Das nagt am Gewinn.

Die Manager kommen ihren Monteuren und Verkäuferinnen gern mit den Folgen der Globalisierung. Auch das stimmt – und stimmt doch wiederum nicht. Karstadt hat nicht etwa Probleme, weil ausländische Ketten die Kundschaft in Massen abgeworben hätten. Karstadt steckt auch in der Krise, weil das Handelsunternehmen seine Chancen auf den Auslandsmärkten nicht erkannt hat.

Bei Opel verhält es sich umgekehrt. Opel ist längst keine nationale Marke mehr: General Motors heißt in Europa Opel. Die Traditionsmarke war schon global, da redeten die Konkurrenten noch darüber. Das hat lange deutsche Arbeitsplätze gesichert, jetzt ist es eine Gefahr, weil die Konkurrenten die Herausforderung angenommen haben – erfolgreich.

Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber fordert angesichts der Konzernkrisen jetzt einen Sanierungsplan für Deutschland. Das klingt gut. Nur Karstadt und Opel bringen solch populistische Sprüche nichts. Und den tausenden von Arbeitslosigkeit bedrohten Beschäftigten schon gar nicht. Karstadt und Opel müssen sich selbst retten. Wenn sie können.

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