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Schäuble-Pläne: Regierung dementiert Pläne für Komplettumzug

Immer noch arbeiten mehr Ministerialbeamte in Bonn als in Berlin, zwischen beiden Städten herrscht reger Pendelverkehr. Auch wenn es derzeit keine konkreten Pläne für einen Komplettumzug gibt, hat das Innenministerium zumindest alles durchgerechnet. Viele Politiker würden einen solchen Schritt befürworten.

Die Bundesregierung hat keine Pläne für einen Komplett-Umzug aller Ministerien von Bonn nach Berlin in der Schublade. Das Innenministerium legte zwar auf Wunsch des Bundestags- Haushaltsausschusses Daten und Zahlen zur Beschäftigungssituation in der früheren Bundeshauptstadt Bonn vor - konkrete Empfehlungen seien aber in dem Bericht nicht enthalten. "Wir haben ganz bewusst keine Wertung vorgenommen", sagte eine Sprecherin von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU).

Zuvor hatte die "Bild"-Zeitung berichtet, die Regierung schließe einen Komplett-Umzug der Bonner Ministerien nicht länger aus. Dies gehe aus einem neuen internen Bericht von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) an den Haushaltsausschuss des Bundestages hervor. Darin sei erstmals von einer möglichen "Änderung des Berlin/Bonn-Gesetzes" die Rede. Für diesen Fall seien jedoch weitere Ausgleichsmaßnahmen für die Bundesstadt am Rhein "zu prüfen". Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte entsprechende Spekulationen bereits am Mittwoch zurückgewiesen. Sie wolle die Frage "im Augenblick nicht angehen", sagte sie.

Bund der Steuerzahler macht Druck

Haushaltsexperten von CDU, SPD und Grünen sprachen sich für einen Komplettumzug aus. Die FDP hält den Umzug zumindest von weiteren Teilen der Ministerien für "wünschenswert".

Der CDU-Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus, Friedbert Pflüger, begrüßte die Debatte. "Die Pendelei verursacht nicht nur immense Kosten. Wir haben auch in Zeiten bester telekommunikativer Ausstattung noch immer große Reibungsverluste in der Arbeit", sagte er der "Bild"-Zeitung. So sieht es auch der SPD-Haushaltsexperte Johannes Kahrs: "Die Arbeit ließe sich effizienter organisieren, die Qualität der Gesetze wäre deutlich besser."

Der Bund der Steuerzahler forderte sofortige Vorbereitungen für einen Komplettumzug der Bundesregierung von Bonn nach Berlin. "Die jährlichen Kosten des doppelten Regierungssitzes belaufen sich auf bis zu 23 Millionen Euro im Jahr", sagte Geschäftsführer Reiner Holznagel der "Passauer Neuen Presse". Allein für Flüge zwischen Bonn und Berlin habe der Bund zuletzt bis zu neun Millionen Euro jährlich bezahlt. Die Arbeitszeitverluste durch Reisen schätzt der Steuerzahlerbund auf fünf Millionen Euro.

Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) lehnte einen Komplettumzug ab. "Richtig ist, dass Bonn nicht nur, aber auch wegen der Telekom eine erfreuliche Entwicklung genommen hat", sagte er und fügte hinzu: "Richtig ist auch, dass die Stimmen mehr und lauter werden, die einen Komplett-Umzug nach Berlin fordern. Aber das Bonn-Berlin-Gesetz gilt. Und es gibt keinen Grund, das Gesetz zu ändern."

Nachteile für die Region Bonn längst ausgeglichen

Sechs Ministerien haben nach dem Berlin/Bonn-Gesetz von 1991 ihren Hauptsitz in der Stadt am Rhein (Verbraucher, Verteidigung, Gesundheit, Umwelt, Bildung, Entwicklungshilfe). Zusätzlich unterhalten das Kanzleramt und alle anderen Ressorts Außenstellen in Bonn. Noch immer arbeiten mehr Ministerialbeamte und Angestellte in Bonn (9148) als in Berlin (8726).

Dem Bericht des Innenministeriums zufolge sind die Nachteile für die Region Bonn längst ausgeglichen. Die Zahl der Erwerbstätigen sei dort von 1996 bis 2006 um etwa 49.000 gestiegen, obwohl in der öffentlichen Verwaltung 16.800 Menschen weniger beschäftigt gewesen seien, schrieb die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" am Dienstag.(nim/feh/dpa/ddp)

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