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Politik: Schäubles Auftritt vor dem Ausschuss - Schreiber versucht währenddessen Einfluss zu nehmen

Es gibt sichtbare Zeugen und unsichtbare. Karlheinz Schreiber ist eher unsichtbar.

Von Robert Birnbaum

Es gibt sichtbare Zeugen und unsichtbare. Karlheinz Schreiber ist eher unsichtbar. Aber dafür weiß der Waffenhändler mit nicht ganz freiwilligem Wohnsitz in Kanada sich umso mehr Gehör zu verschaffen. Gerade erst hat er zum Beispiel Volker Neumann angerufen. Schreiber hat dem SPD-Vorsitzenden des Parteispenden-Untersuchungsausschusses dies und jenes erzählt und dies und jenes zugeschickt, damit Neumann auch die richtigen Fragen stellt, wenn er den sichtbaren Zeugen Wolfgang Schäuble vor sich sitzen hat. Ein Vorgehen, das selbst das Grünen-Ausschussmitglied Hans-Christian Ströbele "nicht in Ordnung" findet: Solche gewissermaßen privat erteilten Auskünfte könne der Ausschuss nicht verwenden.

Schäuble findet es schon gar nicht in Ordnung. Er bedauert ausdrücklich, dass man einen Ausschussvorsitzenden nicht wegen Befangenheit ablehnen kann - "sonst wären wir heute nicht hier". Er ist aber da im Zeugenstand, und er ist es nicht gern. Denn es geht um jenen Vorgang, der ihn schon den Partei- und Fraktionsvorsitz gekostet hat; jenen Vorgang, den er als Verschwörung gegen seine Person, als dunkle Machenschaft mit "kriminellen Elementen" bezeichnet: Den Krieg der Eidesstattlichen Erklärungen zwischen Wolfgang Schäuble und Brigitte Baumeister, Ex-Schatzmeisterin der CDU. Zur Erinnerung: Am 21. September 1994 war Karlheinz Schreiber Gast eines Sponsoren-Essens mit CDU-Spendern im Bonner Hotel Königshof. Schreiber hat Schäuble später 100 000 Mark in bar übergeben. Das ist unstrittig, ebenso, dass der Waffenhändler nie eine Spendenquittung bekam und dass das Geld in Kohls schwarze Kassen sickerte. Unterschiedlich aber die Versionen, auf welchem Wege Schäuble das Geld bekam.

Schäuble sagt - und er bekräftigt es vor dem Ausschuss -, Schreiber habe ihm den Umschlag am 22. September morgens in seinem Büro übergeben. Hier seien 100 000 Mark, er könne sie nach Belieben verwenden, erinnert sich Schäuble an die Worte des noblen Spenders. Das mit der Verwendung nach Belieben sei ihm damals schon komisch vorgekommen, weshalb er Baumeister ausdrücklich gebeten habe, dem Herrn eine Quittung zu schicken, "damit er nicht auf dumme Gedanken kommt". 1997 - gegen Schreiber wurden Ermittlungen bekannt - habe er Baumeister nochmals gefragt, ob damals alles in Ordnung gegangen sei. Es war nicht. "Das hat mich saumäßig aufgeregt", sagt Schäuble. Und deshalb sei er damals selbst zum Parteichef Kohl gegangen und habe sich beschwert. Deshalb auch habe er später als Kohls Nachfolger sofort Baumeister als Schatzmeisterin abgelöst.

Über diese beiden kargen Neuigkeiten hinaus erfährt der Ausschuss nichts, was er nicht schon wüsste. Nein, Kohl habe ihn nicht mit dem Wissen um die Schreiber-Spende unter Druck gesetzt, sagt Schäuble. Aber murmelt nicht gerade er etwas vor sich hin von "Spuren", die da womöglich früher schon gelegt worden seien? Ist nicht auch er es, der von Hinweisen berichtet, dass aus Baumeisters Büro Telefonate nach Kanada geführt worden seien? Zu Schreiber, dem Unsichtbaren? Es bleiben Fragen nach diesen Stunden in der Katholischen Akademie. Am Freitag steht Baumeister vor dem Ausschuss. Sie hat an Eides statt erklärt, sie selbst sei Schreibers Geldbotin gewesen, habe Schäuble in Schreibers Auftrag einen Umschlag gegeben und dann von ihm die 100 000 Mark zurückerhalten, und zwar erst im Oktober. Zwei Versionen, die nicht zueinander passen. Wenn Baumeister bei ihrer bleibt, wollen SPD und Grüne die Kontrahenten gegenüberstellen. Notfalls auch unter Eid.

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