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Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger geht gegen die selbsternannte "Scharia-Polizei" vor.

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"Scharia-Polizei": NRW-Innenminister Jäger hielt seine Polizei für zu lasch und schickte einen Erlass

Nach der zunächst zurückhaltenden Reaktion von Polizei und Justiz auf die "Scharia-Polizei" verschickte Innenminister Ralf Jäger einen Erlass, um das Treiben zu verbieten. Seine eigenen Juristen sahen die Dinge anders als die Staatsanwaltschaft.

Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Schon die ersten Berichte über die selbsternannte Wuppertaler "Scharia-Polizei" lösten bei dem Düsseldorfer Innenminister Ralf Jäger Kopfschütteln aus. Als er dann auch noch davon hörte, dass die Wuppertaler Staatsanwaltschaft zunächst wenig Möglichkeiten sah, gegen die selbsternannten Sittenwächter vorzugehen, wies er seine Beamten unverzüglich an, den Polizisten vor Ort eine sichere Rechtsgrundlage zu schaffen, um solches Treiben zu verbieten. Wenige Stunden später schickte er einen Erlass an alle Polizeidienststellen im größten Bundesland, er selbst verteidigt sein rasches Vorgehen. "Ich habe das Tragen solcher Westen in Nordrhein-Westfalen untersagt, das kann ich nicht dulden", argumentiert Jäger. Er geht damit in diesem Fall ähnlich konsequent zur Sache, wie er es in anderen Fällen - etwa bei den Rockern - auch gemacht hat und verhehlt nicht, dass ihm die erste Reaktion der Anklagebehörde erstaunlich lasch vorgekommen ist.

In der Tat hatten die Wuppertaler Staatsanwälte zunächst keine Straftat gesehen, als ihnen der Fall der drei jungen Salafisten vorgelegt wurde, die mit ihren orangefarbigen Westen als sogenannte "Scharia-Polizei" aufgetreten waren. Die radikalen Islamisten waren durch die Stadt im Bergischen Land gezogen und hatten versucht, andere Muslime davon zu überzeugen, ihrer radikalen Interpretation des Korans zu folgen. "Lass die Finger vom Glücksspiel, lass die Finger von Drogen, lass die Finger vom falschen Weg", hatten sie anderen jungen Männern zugerufen und das Vorgehen auch noch für ihre Interseite gefilmt.

Nicht zuletzt dank der öffentlichen Empörung sind diese Videos, die inzwischen gelöscht wurden, zwischenzeitlich zum Hit im Netz geworden. Die Polizei in Wuppertal hatte zunächst die Personalien der jungen Männer festgestellt und dann nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft keine weiteren Maßnahmen eingeleitet. "Das bloße Empfehlen religiöser Regeln ist nicht strafbar", begründete der Wuppertaler Staatsanwalt Wolf Tilmann Baumert.

Seine eigenen Juristen sehen den Vorgang anders als die Staatsanwaltschaft

Die Juristen im Düsseldorfer Innenministerium haben Ralf Jäger eine andere Bewertung auf den Tisch gelegt, er ist ihr gefolgt. "Das ist Amtsanmaßung und gefährdet die öffentliche Ordnung", begründet Jäger, "wir lassen eine Paralleljustiz nicht zu". Immerhin hat er damit in einem ersten Schritt die Rechtsunsicherheit beseitigt. "Wir können und werden solche Westen beschlagnahmen", sagt Jäger. Natürlich kann es passieren, dass jemand dagegen klagt und ein Richter eine andere Rechtsauffassung hat, aber das scheinen die Initiatoren des Wuppertaler Falles im Moment nicht austesten zu wollen.

Hinter den Wuppertaler Islamisten steckt unter anderem der Konvertit Sven Lau, der in Mönchengladbach eine Moschee führt und Vorsitzender des Vereins "Einladung zum Paradies" ist. Die Verfassungsschützer beobachten ihn seit längerer Zeit, haben allerdings festgestellt, dass er nach außen moderater auftritt, als andere Prediger. Er selbst bezeichnet die Aktion inzwischen als PR-Gag.

"Das ist ihm leider gelungen", urteilt Ralf Jäger, dem das bundesweite Echo auf diese Vorgänge auch Probleme bereitet: "So wichtig es ist, hier Grenzen zu setzen, machen mir die viel größere Sorgen, die aus dem Nahen Osten zurückkommen und hier Anschläge verüben wollen".

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