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Politik: Scharping muss abtreten

Berlin. Bundeskanzler Gerhard Schröder hat Verteidigungsminister Rudolf Scharping gefeuert und ihn durch SPD-Fraktionschef Peter Struck ersetzt.

Berlin. Bundeskanzler Gerhard Schröder hat Verteidigungsminister Rudolf Scharping gefeuert und ihn durch SPD-Fraktionschef Peter Struck ersetzt. Dies gab der Kanzler am Donnerstag bekannt. „Die notwendige Basis für eine gemeinsame Arbeit in der Bundesregierung“ sei „nicht mehr gegeben“, sagte Schröder nach einer Krisensitzung des SPD-Präsidiums. Scharping beharrte darauf, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe kompromittierender Geschäftsbeziehungen mit dem PR-Unternehmer Moritz Hunzinger seien falsch.

Von Robert von Rimscha

Scharping sagte vor der Presse, er habe Schröder gesagt, dass es nicht seinem Verständnis von einem wichtigen Staatsamt entspreche, dieses aufgrund von nicht belegten Aussagen beschädigen zu lassen. „Mein Verhalten war gesetzeskonform; deshalb sehe ich auch keinen Grund für einen Rücktritt.“ Es gehe ihm nicht um seine Person; er sei Opfer einer „gezielten Kampagne". „Wesentliche Teile“ der Behauptungen über seine Kontakte zu Hunzinger im „Stern“ seien falsch und ehrenrührig. Er gehe mit „erhobenem Haupt und geradem Rückgrat".

Schröder sprach von „gravierenden Vorwürfen“ und sagte, er habe sich mit Vize-Kanzler Joschka Fischer abgestimmt. Er werde nach den noch ausstehenden Beratungen der SPD-Gremien Bundespräsident Johannes Rau bitten, Scharping zu entlassen und Struck zu seinem Nachfolger zu ernennen. An die Stelle Strucks soll Fraktionsvize Ludwig Stiegler treten. Stiegler hat sich als Innenpolitiker einen n gemacht. An diesem Freitagvormittag kommt die SPDBundestagsfraktion zusammen. Struck hatte bereits 1998 Scharpings damaligen Posten des Fraktionschefs übernommen. Noch nie ist so kurz vor der Wahl ein Minister abgelöst worden.

Unionskanzlerkandidat Edmund Stoiber sieht nach der Ablösung Scharpings Zerfallserscheinungen der Berliner Koalition. „Wir haben eine Bundesregierung in Auflösung“, sagte Stoiber in München. Die Scharping-Debatte zeige den rapiden Autoritätsverlust des Bundeskanzlers. Es sei einmalig, dass eine Regierung in einer Amtsperiode acht Minister verschlissen habe. Leidtragende seien in diesem Fall die Bundeswehr und die Sicherheitspolitik. Auch die FDP bezeichnete die Ablösung als überfällig. „Ich begrüße den Zapfenstreich für Bundesverteidigungsminister Scharping“, sagte FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt dem Tagesspiegel. Die Grünen-Fraktionschefs Rezzo Schlauch und Kerstin Müller erklärten, Schröder habe eine „verantwortungsvolle Entscheidung“ getroffen. PDS-Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch erklärte, Schröder müsse sich fragen, „warum er bis zur Honorar-Affäre gewartet hat, um Konsequenzen zu ziehen“. Der Bundeswehr-Verband äußerte sich zuversichtlich zu einer Zusammenarbeit mit Struck. Der SPD-Fraktionschef wurde den möglichen Kandidaten Hans-Ulrich Klose, Chef des Auswärtigen Ausschusses, Fraktionsvize Gernot Erler und Verteidigungs-Staatssekretär Walter Kolbow vorgezogen.

Der „Stern“ hatte Aktenmaterial über die Zusammenarbeit Scharpings mit Hunzinger veröffentlicht. Zu den Vorwürfen zählt, Hunzinger habe Vertretern von Rüstungsfirmen gegen Honorar Zugang zu Scharping verschafft und er habe Vollmacht für ein Scharping-Konto besessen sowie auf dieses Vorschüsse für noch nicht geschriebene Bücher einbezahlt. Hunzinger soll auch eine Kleidungs-Rechnung Scharpings über 55 000 Mark bezahlt und ihm eine Gastprofessur gegen Spende verschafft haben. Zu Scharpings Vorwürfen teilte die Chefredaktion des „Stern“ mit, von „unbelegten Behauptungen“ könne keine Rede sein. Sämtliche Aussagen über Scharping in der Zeitschrift hätten ohne Einschränkung Bestand.

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