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Politik: Scharping sieht wachsenden Konsens, SPD-Vize Renate Schmidt spricht sich gegen eine Pflichtarmee aus

Die Bundeswehr wird nach den Worten von Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) ein völlig neues Gesicht erhalten. Nach einer Tagung mit führenden Offizieren erklärte der Minister am Dienstag in Köln, die Bundeswehr werde anders aussehen als zur Zeit der Ost-West-Auseinandersetzung.

Die Bundeswehr wird nach den Worten von Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) ein völlig neues Gesicht erhalten. Nach einer Tagung mit führenden Offizieren erklärte der Minister am Dienstag in Köln, die Bundeswehr werde anders aussehen als zur Zeit der Ost-West-Auseinandersetzung. Erfreut zeigte sich Scharping, dass nach kontroversen Diskussionen jetzt "alles auf seine Linie" einschwenke. Das betreffe auch die Finanzen für die Bundeswehr, also eine mögliche Erhöhung des Wehretats. Zahlen über den künftigen Umfang der Bundeswehr und die Dauer des Wehrdienstes nannte der Minister nicht. Die Entscheidung, die noch vor der parlamentarischen Sommerpause fallen soll, werde sich auch nach den Erfordernissen im westlichen Bündnis richten. Scharping hatte mit etwa 140 Brigade- und Regimentskommandeuren über die künftige personelle und materielle Gestaltung der deutschen Streitkräfte diskutiert.

Der Umfang der Streitkräfte werde sich an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Bundesrepublik und der Größe ihrer Bevölkerung orientieren, sagte Scharping. Er gestand erneut ein, dass die Bundeswehr gegenwärtig nicht bündnisfähig und nicht europafähig sei. Die schweren Ausrüstungsmängel müssten rasch beseitigt werden. Dazu arbeite er in enger Kooperation mit der Industrie zusammen, um Waffen und Fahrzeuge billiger einkaufen oder leasen zu können. Die Investitionen müssten stark erhöht werden. An der Leistungsfähigkeit der Soldaten mangele es nicht.

Scharping teilte die von Heeresinspekteur Helmut Willmann bekannt gewordene Kritik, dass zu viel Material in den Balkan-Einsatz der Bundeswehr fließe. Dem müsse abgeholfen werden, sagte der Minister. Die Landesverteidigung behalte ihren Stellenwert. Gleichwohl müsse die Bundeswehr die Auslandseinsätze im Rahmen des Nato-Bündnisses voll abdecken. Bei den Krisenreaktionskräften gebe es Engpässe in der Logistik und im Sanitätswesen. Das auf dem Balkan eingesetzte Gerät - wie der 40 Jahre alte Mannschaftstransportpanzer M 113 - sei teilweise überaltert.

Die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Renate Schmidt hat sich für ein Ende der Wehrpflicht und für eine Freiwilligen-Armee in Deutschland ausgesprochen. Nach Presseberichten vertrat die bayerische Oppositionsführerin diese Meinung am Montag im SPD-Präsidium. Die Argumente gegen die Wehrpflicht überwiegen nach Ansicht von Schmidt, weil sich die Aufgaben der Bundeswehr gewandelt hätten. Bei einer Armee mit Soldaten, die sich für eine gewisse Zeit verpflichteten, trete auch das Problem der Abkoppelung der Streitkräfte von der Gesellschaft in den Hintergrund. Das auch von Scharping vorgebrachte Argument, eine Berufsarmee sei teurer als eine Wehrpflichtarmee, stellte Schmidt dem Bericht zufolge in Frage. Entsprechende Berechnungen müssten "grundsätzlich hinterfragt" werden.

Als wichtiges Argument für eine Freiwilligen-Armee nannte Schmidt den Wettbewerbsnachteil junger Männer im Vergleich zu Ländern ohne Wehrpflicht. In Deutschland werde das hohe Alter der Studienabgänger beklagt. Das liege auch an der Wehrpflicht, sagte sie. Bei einer weiteren Verkürzung der Wehrdienstzeit werde das System des Zivildienstes ohnehin in Frage gestellt.

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