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Politik: Scheidung nach zwölf Jahren

SPD und Union beenden ihre große Koalition in Bremen und haben sich nicht mehr allzu viel zu sagen

Nach zwölf Jahren ist der Ton zwischen den bisherigen Partnern nicht mehr der freundlichste. Noch bevor der SPD-Vorstand sich für eine Koalition mit den Grünen ausgesprochen hatte, sagte SPD-Fraktionschef Carsten Sieling im „Nordwest-Radio“, er habe bei den Sondierungen „eine sehr ideenlose CDU“ erlebt, während die Grünen im Vergleich dazu „ein wahres Kraftzentrum sind“.

In der Woche nach der Bürgerschaftswahl hatten die Sozialdemokraten mit ihrem bisherigen Bündnispartner und mit den Grünen Sondierungsgespräche geführt. Dabei zeigten sich nach Angaben von Teilnehmern insgesamt mehr inhaltliche Übereinstimmungen mit der Union. Der Bremer Bürgermeister und SPD-Spitzenkandidat Jens Böhrnsen sagte jedoch am Sonntag, mit den Grünen habe es „sehr viel größere Übereinstimmungen“ in der Frage der sozialen Gerechtigkeit gegeben. Dies sei derzeit die größte Herausforderung für Bremen und habe deshalb den Ausschlag gegeben. So solle der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz von vier auf sechs Stunden täglich erweitert und ein kostenloses Mittagessen für die Kinder von Geringverdienern angeboten werden.

Der CDU-Landesvorsitzende und Kulturstaatsminister Bernd Neumann, und Vizeregierungschef, Innensenator Thomas Röwekamp, warfen der SPD vor, sie hätten bereits vor der Wahl auf Rot-Grün gesetzt. „Sie hatten nur nicht den Mut, den Bürgerinnen und Bürgern vor dem Wahlgang die Wahrheit zu sagen“, beklagten sie. Das Sondierungsgespräch mit der CDU habe „als Alibi für einen Ausstieg aus der Koalition gedient“. Bürgermeister Böhrnsen und SPD-Chef Uwe Beckmeyer wiesen diesen Vorwurf zurück. „Ich bin ergebnisoffen, konstruktiv und ernsthaft in diese Sondierungsgespräche gegangen“, versicherte Böhrnsen. Er lobte ausdrücklich die Arbeit der großen Koalition. Sie habe Beachtliches geleistet und wichtige Dinge vorangebracht. Aber jetzt, fügte Beckmeyer hinzu, seien die gemeinsamen Inhalte „langsam erschöpft“. Böhrnsen meinte, die CDU wolle ein „weiter so“ nach dem Motto „Es war doch gut“. Doch fehle ihr „ein neuer Ansatz, neuer Schwung“ für mehr soziale Gerechtigkeit.

Bei den Grünen sieht der Regierungschef die Bereitschaft, sich auf den finanzpolitischen Weg Bremens einzulassen, einschließlich „anstrengender Sparmaßnahmen“. Nicht mehr strittig sei die geplante neuerliche Vertiefung der Außenweser bei Bremerhaven. Dadurch sollen besonders große Containerschiffe jederzeit voll beladen den Hafen erreichen können. Die Grünen hatten zunächst Umweltbedenken geäußert, aber angekündigt, dass sie sich stärker als früher für wirtschaftliche Aspekte öffnen wollten, um „Ökologie und Ökonomie zu verzahnen“.

Am Donnerstag entscheiden ein SPD- Landesparteitag und eine Grünen-Mitgliederversammlung über die Aufnahme förmlicher Koalitionsverhandlungen. Nach deren Abschluss müssen beide Parteien der Vereinbarung noch zustimmen. Böhrnsen rechnet damit, dass die neue Regierung vier Wochen nach Pfingsten steht. Bei der jüngsten Bürgerschaftswahl hatten SPD und CDU mit ihrer dienstältesten großen Koalition Deutschlands gemeinsam fast zehn Prozentpunkte verloren. Die Grünen konnten sich dagegen von 12,8 auf 16,4 Prozent der Stimmen steigern. Die SPD blieb aber stärkste Partei und kann sich ihren Koalitionspartner aussuchen.

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