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Schelsky-Gelder: Spende mit Folgen

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Ulrich Adam erhielt großzügige Wahlkampfhilfe – und meldete sie nicht. Laut Medienberichten geht es um 110.000 Euro - Adam selbst spricht nach erster Sichtung von einem fünfstelligen Betrag.

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Eins ist schon mal klar, und das nimmt dem Fall ein bisschen von seiner peinlichen Brisanz: Es gibt einen Nachrücker für den CDU-Bundestagsabgeordneten Ulrich Adam. Das ist insofern von Bedeutung, als sich die Führung der Unionsfraktion in Berlin, ja sogar die Bundeskanzlerin sonst noch viel mehr um den Spendenfall sorgen müssten, den Adam am Hals hat. Seit im Februar ein baden-württembergischer CDU-Abgeordneter verstorben ist, zählt die CDU/CSU-Fraktion nämlich nur noch 223 Mitglieder – eins mehr als die SPD. Formal würde ein Gleichstand zwar auch nichts ändern am Verhältnis der Großkoalitionäre. Psychologisch gefällt der Union der Gedanke trotzdem nicht, dass sie ihren hauchdünnen Vorsprung einbüßen könnte.

Aber die Gefahr besteht, wie gesagt, in diesem Fall nicht – in Mecklenburg-Vorpommern hat die CDU anders als im Südwesten keine Überhangmandate errungen, ein Rückzug des direkt gewählten Adam bliebe zahlenmäßig folgenlos. Ansonsten ist der Vorgang nicht schön. Adam hat eingeräumt, dass er Sachspenden für seinen Wahlkampf von dem Unternehmer Wilhelm Schelsky bekommen hat und dass er diese Spenden nicht beim Bundestagspräsidenten angemeldet hat. Das ist ein klarer Verstoß gegen die Verhaltensregeln des Bundestages, die nach der CDU-Parteispendenaffäre noch einmal verschärft worden waren – was Adam ebenfalls zerknirscht einräumt.

Wie hoch der Gegenwert der Kugelschreiber, Werbe-Flyer und anderer Wahlkampfmittelchen war, ist unklar – die „Süddeutsche Zeitung“ schrieb von rund 110 000 Euro, der studierte Mathematiker Adam selbst sprach nach erster Sichtung am Donnerstag von einem fünfstelligen Betrag. Die Bundestagsverwaltung und die – von Adam selbst eingeschaltete – Staatsanwaltschaft München prüfen den Fall. Was ihn so besonders unschön macht, sind mehrere Umstände. Erstens sitzt Spender Schelsky derzeit in Untersuchungshaft. Er hat gestanden, dass er Millionen-Zahlungen von Siemens erhalten hat für den Aufbau einer dem Management gewogenen Konkurrenz der IG Metall, der Arbeitnehmervertretung AUB. Zweitens liegt Adams Wahlkreis direkt neben dem von Angela Merkel, und er ist auch ihr stellvertretender Landesvorsitzender. Den Posten läßt er derzeit ruhen.

Seine Parteifreunde im Nordosten sind nervös. Landesvorsitzender Jürgen Seidel sagt: „Adam hat einen Fehler gemacht. Den muss er klipp und klar aufklären.“ Der Greifswalder Kreisvorsitzende Egbert Liskow war „überrascht“ zu lesen, dass Schelsky Adam mit Wahlkampfmitteln im Wert von mehr als 10 000 Euro unterstützt haben soll. Adam habe suggeriert, es handele sich nur um eine Handvoll Kugelschreiber und ein paar Stapel Werbebroschüren. „Ich bitte ihn, für sich Konsequenzen zu ziehen“, sagt Liskow.

Die Landespartei hat inzwischen nachgeprüft, dass Schelsky in den vergangenen Jahren mehrere CDU-Kreisverbände mit insgesamt 39 000 Euro unterstützt hat, nicht aber den Landesverband. Schelsky sei, als er in der Region Greifswald aktiv wurde, mit der Bitte um Spenden angeschrieben worden, sagt Liskow. Eine erkennbare Gegenleistung habe er nicht verlangt. Schelsky übernahm 2002 in Greifswald die Firma ML&S, eine Siemens-Ausgründung, und engagierte sich als Sponsor beim Fußballverein Greifswalder SV04. Der warb danach für die AUB. Und noch jemand warb für Schelskys Verein. Im April 2004 hat die AUB in Stralsund einen Kongress abgehalten. Prominentester Gast: Angela Merkel. Sie sprach der AUB damals eine „wichtige Rolle“ in der deutschen Gewerkschaftslandschaft zu.

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