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Schicksalswahl auf Zypern: Im Norden ist ein Einigungsgegner Favorit

Als Mehmet Ali Talat vor fünf Jahren mit fast 56 Prozent zum Führer der türkischen Zyprer gewählt wurde, verbanden damit viele auf der geteilten Insel die Hoffnung auf eine Wiedervereinigung. Die Erwartung hat sich nicht erfüllt.

Schicken die Zyperntürken den 58-jährigen Talat jetzt in den politischen Vorruhestand? Bei der Präsidentenwahl, die am Sonntag in der nur von Ankara anerkannten Türkischen Republik Nordzypern stattfindet, hat Talat einen starken Gegner: Dervis Eroglu, Chef der Nationalen Einheitspartei (UBP), geht als Favorit in die Abstimmung. Gewinnt Eroglu, unterliegt nicht nur Talat. Auch der Wiedervereinigungsprozess auf der geteilten Insel könnte auf der Strecke bleiben, denn der 72-jährige Eroglu gilt als Einigungsgegner.

Seit September 2008 verhandeln Türken und Griechen auf Zypern über eine Lösung. Das Ziel ist eine Föderation zweier Teilstaaten unter dem Dach einer gemeinsamen Zentralregierung. Mehr als 70 Treffen haben Talat und der griechisch-zyprische Präsident Dimitris Christofias in den vergangenen 18 Monaten absolviert. Beide haben ihr politisches Schicksal mit einer Lösung der Zypernfrage verknüpft. Wenn diese beiden Männer den Durchbruch nicht schaffen können, wer dann? Doch die Verhandlungen sind zäh, eine Lösung erscheint noch nicht greifbar.

Beiderseits der Demarkationslinie, die Zypern teilt, macht sich Resignation breit – vor allem unter den Zyperntürken. Hier ist die Enttäuschung besonders groß, weil die Erwartungen hoch gesteckt waren. Denn von einer Wiedervereinigung würden die Menschen im politisch isolierten und wirtschaftlich zurückgebliebenen Inselnorden am meisten profitieren. Mit großer Mehrheit stimmten die Zyperntürken deshalb 2004 für den Einigungsplan des damaligen UN-Generalsekretärs Kofi Annan, der dann aber am Nein der Inselgriechen scheiterte.

Auch Eroglu kämpfte damals gegen den Annan-Plan. Sechs Jahre später greift er nach der Macht. Im Fall seines Wahlsieges will er zwar die Verhandlungen nicht abbrechen, aber die bisher erzielten Teilergebnisse zur Disposition stellen. Ausländische Diplomaten in der Inselhauptstadt Nikosia erwarten, dass die Verhandlungen über kurz oder lang zum Erliegen kommen werden, wenn Eroglu am Sonntag gewinnt. Davor warnt auch Talat: „Jeder weiß, dass Eroglu keine Lösung will.“ Er verteidigt die bisher erzielten Verhandlungsergebnisse: „Wir haben in den vergangenen 18 Monaten mehr erreicht als in den 40 Jahren zuvor.“

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