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17 Stunden ohne Schlaf verhandelt. Putin, Hollande, Merkel und Poroschenko in Minsk.

© AFP

Angela Merkel und Wladimir Putin: Schlafforscher: Kompromissbereitschaft steigt mit Müdigkeit

17 Stunden haben Merkel, Hollande und Putin in Minsk verhandelt. Wie stehen die das durch? Der Vorteil ist, dass sich Müdigkeit positiv auf die Kompromissbereitschaft auswirkt.

Erschöpfung kann sich bei stundenlangen Verhandlungen wie dem Ukraine-Krisengipfel in Minsk nach Einschätzung eines Schlafforschers positiv auswirken. „Je länger man verhandelt, umso eher ist man bereit, aufgrund des eigenen Befindens, der Müdigkeit zu sagen: Machen wir den Kompromiss“, sagte der Psychologe Jürgen Zulley am Donnerstag in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur.
Nach einem rund 17-stündigen Gesprächsmarathon hatten die Beteiligten am Donnerstag eine Einigung über eine Waffenruhe für das Kriegsgebiet im Osten der Ukraine erzielt.
17 Stunden ohne Schlaf, kann das gut gehen? Merkel hat einmal gesagt, sie habe kamelartige Fähigkeiten und könne Schlaf speichern. Im Interview der Deutschen Presse-Agentur erklärt der Schlafforscher Jürgen Zulley, warum Müdigkeit bei langen Verhandlungen nichts Schlechtes sein muss.

Frage: Kann man eine so lange Verhandlung durchstehen, ohne zwischendurch ein Nickerchen zu machen?

Antwort: Es gibt sicherlich Menschen, die 17 Stunden durcharbeiten können. Wobei ich aber nicht glaube, dass die bei dem Gipfel alle 17 Stunden voll dabei waren. Ich vermute mal, dass sie sich kurzfristig zurückziehen konnten und die Verhandlungen anderen überlassen haben. Aber es geht schon. Ich nehme mal an, dass es dort auch ziemlich lebhaft zugeht, zumindest zeitweilig. Dadurch kann man besser mit der Müdigkeit umgehen.

Frage: Reicht es, sich zwischendurch mal für zehn Minuten auszuklinken?

Antwort: Das hängt von der Tageszeit ab. In der Nacht hilft ein kurzes Nickerchen kaum, aber es ist besser als gar nichts. Das sind ja alles Profis. Ich bin sicher, dass die Strategien haben, um damit umzugehen. Was eine große Rolle bei diesen langen Verhandlungen spielt, ist, dass mit der Zeit die Kompromissbereitschaft zunimmt. Je länger man verhandelt, umso eher ist man bereit, aufgrund des eigenen Befindens, der Müdigkeit zu sagen: Machen wir den Kompromiss. Ich glaube, das ist die gute Seite.

Frage: Merkel hat einmal gesagt, sie habe kamelartige Fähigkeiten. Auf Vorrat schlafen - geht das?

Antwort: Das geht nur sehr begrenzt. Wenn man abends etwas vorhat, kann man nachmittags vorschlafen. Es ist mutig, dass sie sich mit einem Kamel vergleicht, aber der Vergleich hinkt sehr. Man braucht eine gewisse Regelmäßigkeit, man braucht seine Auszeiten. Und den Vergleich Vortanken finde ich hier falsch. Nach wenigen Tagen mit einer solchen Strategie braucht man eine längere Erholungspause. (dpa)

ZUR PERSON: Professor Jürgen Zulley ist Professor für Biologische Psychologie an der Universität Regensburg und war vor seinem Ruhestand Leiter des dortigen Schlafmedizinischen Zentrums.

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