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Politik: Schlechte Zeiten, gute Geschäfte

Warum Russland noch immer treu an der Seite des syrischen Regimes steht.

Der Sprecher von Wladimir Putin hatte schon in der vergangenen Woche eines unmissverständlich klargemacht: Druck auf Russland ist nicht erwünscht. Gemeint hatte Dmitri Peskow Russlands Rolle im Konflikt um Syrien. Hoffnungen des Westens, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs neuer Präsident François Hollande könnten Russlands Präsidenten bei dessen Reise nach Berlin und Paris zu einer härteren Gangart gegenüber dem syrischen Regime veranlassen, erfüllten sich daher nicht. Und so war es auch wenig überraschend, dass auch der EU-Russland-Gipfel am Montag in St. Petersburg keine Annäherung brachte. Moskau unterstützt zwar den – faktisch gescheiterten – Friedensplan von Ex-UN-Generalsekretär Kofi Annan, blockierte im UN-Sicherheitsrat bisher jedoch alle vom Westen und den arabischen Staaten eingebrachten Resolutionen, die als Mandat für eine Intervention interpretiert werden könnten.

Russland drohen bei Assads Sturz herbe Verluste, politische und wirtschaftliche. Das Regime von Machthaber Baschar al Assad gehört zu den besten Kunden von Russlands staatlicher Rüstungsschmiede Rosoboronexport. Schon vor den Unruhen stammten knapp 80 Prozent der syrischen Kriegstechnik aus Russland. Inzwischen dürften es praktisch 100 Prozent sein. Zwar beteuerte Putin vergangene Woche in Berlin erneut, Moskau würde ausschließlich Verteidigungswaffen zur Abwehr einer äußeren Aggression liefern, die für einen Bürgerkrieg nicht taugen. Recherchen der internationalen Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HWR) ergaben jedoch, dass Rosoboronexport weiter auch Panzer und Panzerfahrzeuge an Syrien verkauft und zudem neue Verträge zur Lieferung von Munition, Pistolen, Maschinengewehren und Panzerfäusten mit einem Volumen von bis zu 400 Millionen Dollar unterzeichnet haben soll. Auch nach Informationen des arabischen TV-Senders Al Arabiya soll eine Ladung schwerer Waffen erst Ende Mai im syrischen Mittelmeerhafen Tartus gelöscht worden sein, wo Russland einen Stützpunkt für seine Kriegsmarine unterhält.

Doch nicht nur Geschäftliches bindet Moskau an das Assad-Regime. Die Volksaufstände im arabischen Raum sind dem Kreml nicht geheuer. Auch russische Nahostexperten warnten gleich zu Beginn des arabischen Frühlings, die Revolutionen würden islamische Fundamentalisten an die Macht spülen, deren Netzwerke die Lage weltweit destabilisieren könnten. Hinzu kommt, dass Moskau bei Assads Sturz seine letzte Bastion in der strategisch wichtigen Nahost-Region verliert. Denn neue Machthaber dürften den engen Schulterschluss mit dem Westen suchen – damit letztlich Russlands Anspruch auf den Status einer Supermacht infrage stellen.

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