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Politik: Schneller Erfolg mit Zero Tolerancia?

Von Anne Grüttner Die von einer Gewaltwelle geprägte Wahlkampfperiode in Kolumbien könnte schon am kommenden Sonntag zu Ende gehen. Der aussichtsreichste Kandidat für die Präsidentschaftswahlen am 26.

Von Anne Grüttner

Die von einer Gewaltwelle geprägte Wahlkampfperiode in Kolumbien könnte schon am kommenden Sonntag zu Ende gehen. Der aussichtsreichste Kandidat für die Präsidentschaftswahlen am 26. Mai, der unabhängige Mitte-Rechts-Kandidat Alvaro Uribe, führt nach den letzten Umfragen mit 49 Prozent. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass er die absolute Mehrheit schon im ersten Wahlgang erreichen könnte. Abgeschlagen auf dem zweiten Platz steht Horacio Serpa, Kandidat der Liberalen Partei, mit 23 Prozent. Ein Erfolg Uribes schon im ersten Wahlgang würde dem Land eine Stichwahl und damit eine Fortsetzung der Gewalt ersparen.

Ungewöhnlich bei den Präsidentschaftswahlen ist, dass von den vier wichtigsten Kandidaten nur einer aus den Parteien stammt, den Konservativen und den Liberalen, die sich seit Bestehen des Landes an der Macht abgelöst haben. „Der Zugang zur Macht ist heute offener als je zuvor“, kommentiert der Ex-Journalist Francisco Santos, der sich an der Seite von Uribe um die Vizepräsidentschaft bewirbt. Zahlreiche Korruptionsskandale haben in den letzten Jahren die traditionellen Parteien und deren Repräsentanten in Misskredit gebracht.

So weiß denn auch der als linksliberal geltende Serpa als Kandidat der Liberalen zwar eine einflussreiche und geschulte Parteimaschinerie hinter sich, doch gleichzeitig haftet ihm der Ruf als Vertreter der „alten Politik“ als Stigma an. Als Innenminister unter Ex-Präsident Ernesto Samper gehörte Serpa auch zu den Beschuldigten in dem Prozess, in dem Samper die Finanzierung seines Wahlkampfes durch das Cali-Drogenkartell nachgewiesen wurde. So stoßen seine Versprechen zu politischen Reformen, dem Kampf gegen Korruption und gegen die Bestechung durch die Drogenbosse auf wenig Glaubwürdigkeit in der Bevölkerung. Serpas Attacken brachten Uribe nur wenig Stimmeinbußen. Serpa warf Uribe unter anderem vor, in seiner Amtszeit in der Provinz Antioquia die heute als ultrarechte Paramilitärs geltende Sicherheitstruppe „Convivir“ aufgebaut zu haben.

Tatsächlich hat Uribe als Gouverneur von Antioquia gezeigt, dass er hält, was er verspricht. Sein in Grundzügen simples Wahlprogramm, nämlich die für Korruption anfällige und teure Staatsbürokratie zu beschneiden und mehr Geld in Sicherheit und Sozialpolitik zu investieren, hat er in Antioquia erfolgreich umgesetzt. Er reduzierte die Zahl der Staatsbeamten um mehr als die Hälfte. Ähnliches will er auch auf nationaler Ebene schaffen. Sollte er dabei auf Widerstand im Kongress stoßen, werde er einen Volksentscheid durchführen, verspricht Uribe.

Viel Zustimmung, aber auch Ängste, erntet Uribes Ruf nach Härte im Umgang mit der Guerilla, die in den letzten Wochen und Monaten seit Aufkündigung des so genannten Friedensprozesses von Seiten des amtierenden Präsidenten Andres Pastrana das Land mit Bombenanschlägen, Mord und Entführungen in Atem hält. In einem Land, wo der Staat in einem Fünftel der Gemeinden nicht durch Polizei oder sonstige Sicherheitskräfte vertreten ist, so dass die Guerilla oder ultrarechte, paramilitärische Gruppen unangefochten die Macht ausüben, setzt Uribe auf eine Verstärkung staatlicher Autorität. „Zero Tolerancia“ gegenüber Gewalt und Terrorismus, lautet Uribes Credo.

Diese Ansätze haben dem Kandidaten nach dem Scheitern der Friedensverhandlungen der Regierung Pastrana mit der größten Guerillaorganisation des Landes, der Farc, viel Zustimmung gebracht. „Die Farc ist der beste Pressesprecher für Uribe“, meint der kolumbianische Senator Rafael Orduz. „Die Dummheit der Guerilla hat den Wunsch der Bevölkerung nach einer harten Politik hervorgerufen.“ Gleichzeitig schuf sich Uribe allerdings einen gefährlichen Feind: Nachdem er vor einer Woche bei einem Bombenattentat nur knapp mit dem Leben davongekommen war, beendete er seine Kampagne vorzeitig. Eine der Kandidatinnen, die Unabhängige Ingrid Betancourt, war Ende Februar von der Farc entführt worden, seitdem gibt es kein Lebenszeichen vor ihr. Sie steht nur mehr symbolisch, für die „Stimmabgabe gegen die Entführung“, auf der Liste der Kandidaten. „Es gilt, den Wahltag nicht nur mit vielen Stimmen, sondern vor allem lebend zu erreichen“, so fasst Kandidat Luis Eduardo Garzon von dem linken Bündnis „Polo Social“ die Stimmung zusammen.

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