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Politik: Schöne Bescherung

Mit dem Geldsegen für Steinbrück wachsen auch die Ausgabenwünsche der Ministerien

Von Antje Sirleschtov

Für Deutschlands Finanzexperten, die an diesem Dienstag ins sächsische Görlitz zur jährlichen Mai-Steuerschätzung kommen, dürfte das Treffen zu einem der ungewöhnlicheren werden. Nicht nur, weil das Ergebnis der Prognose – quasi amtlich – vorher der Bundesfinanzminister bekannt gegeben hat. Sondern auch, weil die erwarteten Steuereinnahmen der nächsten Jahre auf den ersten Blick überhaupt nicht mit den politischen Botschaften der Koalition zusammenpassen wollen. Die lauten – und zwar koalitionsübergreifend – „konsolidieren und sparen“. Trotz sprudelnder Steuerquellen. Dem hat sich am Montag auch der Bundespräsident angeschlossen und angesichts zu erwartender Mehreinnahmen einen Abbau der Staatsschulden angemahnt.

Ein Geldsegen – so viel steht fest – wird dank der guten Konjunktur bei den Steuereinnahmen erwartet. Ein Plus von insgesamt 200 Milliarden Euro für die öffentlichen Haushalte könnten die Steuerschätzer am Freitag im Vergleich zu ihren bisherigen Prognosen für die Jahre 2007 bis 2011 vorhersagen. Allein für den Bund erwartet Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) ein Plus von etwa 90 Milliarden Euro.

Jedoch stehen diesen 90 Milliarden (der Bundesetat umfasst jährlich rund 260 Milliarden Euro) umfangreiche Posten gegenüber, über deren Prioritäten die Koalition beim Spitzentreffen kommenden Montag beraten will. An erster Stelle steht der Schuldenabbau , dem sich die Regierungspartner bei den Koalitionsverhandlungen verschrieben haben. Allein in diesem Jahr muss der Bund noch knapp 20 Milliarden Euro Schulden aufnehmen, um die geplanten Ausgaben zu decken.

Im Bereich der Gesundheitspolitik hat die Koalition in diesem Frühjahr Zusatzbelastungen in Milliardenhöhe vereinbart. 2,5 Milliarden Euro zusätzlich muss die Regierung im kommenden Jahr an die gesetzlichen Krankenkassen überweisen, in den Folgejahren soll der Bundeszuschuss jeweils um 1,5 Milliarden Euro steigen. Bis 2011 macht das 19 Milliarden Euro.

Um die Finanzierung der von Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) angestrebten Verdreifachung der Betreuungsplätze sicherzustellen, muss der Bund bis 2011 rund vier Milliarden Euro allein für Infrastrukturaufbau beisteuern. Noch offen ist die Finanzierung der geplanten Pflegereform . Weil die Regierung die Lohnnebenkosten stabil halten will, wird hier aber mit deutlichen Bundeszuschüssen gerechnet. Im Bereich Bildung sind rund 300 Millionen Euro pro Jahr ab 2008 für höheres Bafög vorgesehen. Bei der Entwicklungshilfepolitik muss die Bundesregierung deutlich aufstocken, um das international vorgegebene Ziel zu erreichen, wonach dieEntwicklungsausgaben mindestens 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens betragen sollen.

Bei den Arbeitslosen schlägt der erhöhte Bundesanteil an den Unterkunftskosten für Empfänger des Arbeitslosengeldes II mit mehr als zwei Milliarden Euro zusätzlich zu Buche. Der Rückgang der Arbeitslosenzahl entlastet den Bund nur marginal. Bis 2011 geht es um ein Kostenrisiko von rund 20 Milliarden. Schon lange dringt die Bundeswehr auf mehr Geld. Ressortchef Franz Josef Jung (CDU) strebt 1,3 Milliarden Euro zusätzlich an, auch der Wehrsold dürfte steigen. Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) will mehr Geld für Investitionen im Sicherheitsbereich . Im Gespräch sind 500 Millionen Euro. Für die Aufstockung des CO2-Sanierungsprogramms für Gebäude benötigt Bau- und Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) rund 500 Millionen Euro und auf drei Milliarden Euro pro Jahr kalkuliert Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) erforderliche Mehrkosten für den Klimaschutz .

Insgesamt beziffert der Finanzminister die zusätzlichen Ausgabenwünsche der Ministerien bis 2011 auf fast 30 Milliarden Euro inklusive der Mindereinnahmen bei der Unternehmensteuer ab 2008.

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