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Politik: Schröder erzwingt Vertrauen

Die Koalition aus SPD und Grünen kann weiter regieren. Die Fraktionen beider Parteien sprachen am Freitag Bundeskanzler Gerhard Schröder ihr Vertrauen aus und beschlossen zugleich die Bereitstellung von bis zu 3900 Bundeswehr-Soldaten für den Kampf gegen den Terror.

Die Koalition aus SPD und Grünen kann weiter regieren. Die Fraktionen beider Parteien sprachen am Freitag Bundeskanzler Gerhard Schröder ihr Vertrauen aus und beschlossen zugleich die Bereitstellung von bis zu 3900 Bundeswehr-Soldaten für den Kampf gegen den Terror. Vier Abgeordnete der Grünen verweigerten dem Kanzler ihre Zustimmung. Die Oppositionsparteien lehnten Schröder und den an die Vertrauensfrage gekoppelten Beschluss über den Auslandseinsatz ab, betonten aber zugleich ihre inhaltliche Zustimmung zur Bundeswehr-Bereitstellung.

Zum Thema Online Spezial: Terror und die Folgen Schwerpunkt: Deutschland und der Krieg Fotostrecke: Krieg in Afghanistan 336 Abgeordnete der Regierungskoalition stimmten für Schröder. Die Koalition brauchte die so genannte Kanzlermehrheit von 334 Stimmen. Die Abgeordneten und Minister von SPD und Grünen waren nach der Abstimmung erleichtert und zeigten sich optimistisch über den Fortbestand der Koalition. Schröder meinte, nun gelte die Devise: "An die Arbeit." Er sei dankbar, dass er die Arbeit für Deutschland mit voller Unterstützung der eigenen Koalition fortsetzen könne. Die Bundesregierung sei außen- und innenpolitisch handlungsfähig, wenn "es ernst wird". Außenminister Joschka Fischer ging vor allem auf die innenpolitische Bilanz der Regierung ein. "Diese Koalition hat entscheidend diese Republik erneuert", sagte er.

Am Abend räumte Schröder in der ARD ein, den Widerstand in seiner Partei und bei den Grünen unterschätzt zu haben. Dann sei es aber Zeit geworden zu erklären, dass die Handlungsfähigkeit einer Regierung "vom Ernst und von der Disziplin" der sie tragenden Mehrheit abhänge. Schröder fügte hinzu, er sei sich "sicher", dass die rot-grüne Koalition bis zur Bundestagswahl im September hält - ohne eine weitere Vertrauensfrage. Im ZDF sagte Schröder mit Blick auf den bevorstehenden Parteitag der Grünen, die Bundestagsentscheidung könne weder relativiert noch durch Parteitagsbeschlüsse beeinflusst werden. Für ihn gelte der Beschluss als die Basis der Zusammenarbeit.

"Ich bin froh, dass es bei uns nicht nur eine Meinung gibt", sagte Grünen-Chefin Claudia Roth. NRW-Ministerpräsident Wolfgang Clement sagte dem Tagesspiegel: "Was wir hier erlebt haben, ist der eindeutige Abschied von der Nachkriegszeit." SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler sagte: "Mit dieser Entscheidung hat das rot-grüne Projekt wieder an Glanz gewonnen." CDU-Chefin Angela Merkel sah in der Vertrauensabstimmung "den Anfang vom Ende der rot-grünen Koalition". Schröder hatte als vierter Kanzler der Bundesrepublik die Vertrauensfrage gestellt, sie indes erstmals an eine Abstimmung über eine Sachfrage gekoppelt.

In der Nacht hatten sich die acht grünen Abweichler auf eine Vier-plus-vier-Lösung geeinigt. Hans-Christian Ströbele, Winfried Hermann, Christian Simmert und Annelie Buntenbach stimmten dem Entschluss folgend mit Nein, die anderen vier für die Vertrauensfrage und den Entsendungsbeschluss. "Die mit Ja stimmen, stimmen für die, die mit Nein stimmen - und umgekehrt", sagte Simmert. Für die grünen Kritiker am Regierungskurs trat Steffi Lemke ans Rednerpult. Mit Streubomben sei der internationale Terrorismus nicht zu bekämpfen, sagte sie.

In der Debatte hatte Unionsfraktionschef Friedrich Merz die Verknüpfung beider Abstimmungen heftig kritisiert. Ebenso wie die FDP rief er Schröder dazu auf, getrennt votieren zu lassen. Der Kanzler habe ein breites Votum für den Einsatz deutscher Soldaten leichtfertig aufs Spiel gesetzt. "Ein Bundeskanzler, der so handeln muss, führt keine kraftvolle Regierung mehr an", sagte Merz. FDP-Chef Guido Westerwelle rief Schröder auf, Neuwahlen zu ermöglichen und die Vertrauensfrage so dem deutschen Volk zu stellen. Schröder halte seine Regierung nur noch "durch Nötigung und Erpressung am Leben". Sprecher der PDS sprachen sich gegen die Bundeswehr-Bereitstellung aus.

Merkel und CSU-Chef Edmund Stoiber erklärten nach der Vertrauensabstimmung, dass eine Veränderung im Zeitplan für die Kanzlerkandidatur der Union nicht nötig sei. Stoiber hatte sich zuvor intern erstmals bereit erklärt, als Kandidat zur Verfügung zu stehen.

Ulrike Fokken

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