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Politik: Schröder: Kohl soll sich bei Thierse entschuldigen „Vergleich mit Göring zeugt von Geschichtslosigkeit“

Berlin. Bundeskanzler Gerhard Schröder verlangt von Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber eine „Klarstellung“ zu den Äußerungen von Alt-Kanzler Helmut Kohl über Bundestagspräsident Wolfgang Thierse.

Berlin. Bundeskanzler Gerhard Schröder verlangt von Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber eine „Klarstellung“ zu den Äußerungen von Alt-Kanzler Helmut Kohl über Bundestagspräsident Wolfgang Thierse. Schröder sagte am Mittwoch in Berlin, die „völlig unannehmbaren Beschimpfungen Kohls“ seien ein „Dokument der Geschichts- und Verantwortungslosigkeit“. Kohl soll Thierse als den „schlimmsten“ Parlamentspräsidenten „seit Göring“ bezeichnet haben.

Schröder verlangte, Kohl solle sich entschuldigen. Thierse habe stets auf der Seite jener gestanden, „die die Mauer von Osten nach Westen eingedrückt haben“. Auch in Wahlkampfzeiten, wenn nicht jedes Wort auf die Goldwaage gelegt werden dürfe, „muss es Grenzen geben“, sagte Schröder. Ungeachtet seiner Verantwortung für die Folgen des Nazi-Regimes stehe Göring auch für die geheime Staatspolizei (Gestapo), die Konzentrationslager und das gewaltsame Ende des Parlaments in der Weimarer Republik. Thierse „mit einem Totengräber der Weimarer Republik“ zu vergleichen, sei unanständig. Die Union und ihr Spitzenkandidat müssten dies klarstellen. CDU-Parteichefin Angela Merkel betonte, Kohls Hinweis in seiner Erklärung, dass er kein Mitglied einer demokratischen Partei mit einem Mitglied einer totalitären Partei vergleichen wolle, sei „wichtig und richtig“. Damit sei für Merkel das Kapitel beendet, sagte eine Sprecherin.

Göring war in der Nazi-Zeit (1933 bis 1945) Reichstagspräsident und einer der führenden Köpfe der Nationalsozialisten. Kohl hatte in seiner Erklärung massive Vorwürfe gegen Thierse erhoben. Dieser sei der Parlamentspräsident, der „sein Amt am parteiischsten ausübt“. Ähnlich hatte sich zuvor bereits Unions-Fraktionschef Friedrich Merz geäußert. Die Grünen haben am Mittwoch die Einschaltung des Ältestenrats des Bundestags gefordert. Wie der Bundestag mitteilte, kann eine Sitzung dieses Gremiums – dem unter anderem der Bundestagspräsident sowie die Vizepräsidenten und die parlamentarischen Geschäftsführer angehören – von allen Fraktionen verlangt werden. Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) hatte Kohls Vergleich gegenüber dem Tagesspiegel als „Ungeheuerlichkeit“ bezeichnet.

Laut dem Nachrichtenmagazin „Spiegel“ hatte Kohl über Thierse in kleiner Runde gesagt: „Das ist der schlimmste Präsident seit Hermann Göring.“ Kohl hatte dem Magazin unseriöse Praktiken vorgeworfen. Es sei ein „unerträglicher Zustand, dass private Gespräche im Bundestags-Restaurant von Journalisten belauscht beziehungsweise abgehört“ würden. Robert von Rimscha

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