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Politik: Schulleiter trotz sexuellen Missbrauchs

In Rheinland-Pfalz wird geprüft, ob gegen den Mann noch disziplinarrechtlich vorgangen werden kann

Die Schulaufsicht in Rheinland-Pfalz prüft disziplinarrechtliche Schritte gegen einen Lehrer, der an einer staatlichen Grundschule in Rheinhessen mehrere Schülerinnen sexuell missbraucht haben soll. Die Vorfälle ereigneten sich in den Jahren 1979 bis 1981. Obwohl die Übergriffe damals den Schulbehörden bekannt wurden, blieben sie für den Lehrer ohne Folgen. Er wurde lediglich an eine andere Schule im Land versetzt. Wenige Jahre später wurde er befördert und konnte Schulleiter einer Grundschule in der Pfalz werden.

Besonders dieser Umstand regt die vier Frauen, die sich jetzt an die Schulaufsicht gewandt haben, auf: „Wer sagt uns denn, dass er sich nicht weiter an Kindern vergangen hat?“ fragt eine der Betroffenen. Mit Rücksicht auf ihre Familien wollen sie namentlich nicht genannt werden. Nach ihren Schilderungen hat der Lehrer während des Unterrichts regelmäßig Mädchen gezwungen, sich auf sein erigiertes Geschlechtsteil zu setzen. „Das fand meist während einer Stillarbeit statt“, schildert eine 39-Jährige die Ereignisse. „Dann hat er in meine Hose gegriffen.“ Solche Übergriffe habe es über einen Zeitraum von drei Jahren fast täglich im Unterricht gegeben. Der Lehrer habe die Schülerinnen auch gezwungen, sein Geschlechtsteil zu streicheln. Es war für die kleinen Mädchen undenkbar, sich gegen diesen Missbrauch zu wehren. „Wir wussten was dann passiert. Schlechte Noten, Stress, er konnte uns das Leben zur Hölle machen“, sagte eine Betroffene dem Tagesspiegel. Das bestätigt eine ihrer Mitschülerinnen. Der Lehrer habe seine Machtposition ausgenutzt: „Ich hatte Angst vor ihm.“

Der Präsident der Schulaufsicht Josef Peter Mertes hat sich in einem Schreiben bei den Frauen für die Übergriffe, denen sie als Kinder ausgesetzt waren, entschuldigt: „Auch wenn die Taten schon lange zurückliegen, kann ich sehr gut nachempfinden, dass diese Sie immer noch belasten.“ Er hat den beschuldigten Lehrer, der zwar vor kurzem in Altersteilzeit ging, aber noch Beamter des Landes ist, zu einem Gespräch einbestellt. „Er wurde mit den Vorwürfen konfrontiert, nun wird geprüft, ob es nach mehr als dreißig Jahren noch ein dienstrechtliches Verfahren geben kann.“ Zum konkreten Fall will Mertes sich nicht äußern, grundsätzlich aber anmerken, dass solche Fälle in Rheinland-Pfalz heute anders gehandhabt würden. Bei begündetem Verdacht werde die Staatsanwaltschaft eingeschaltet und dann werde auch sofort ein Disziplinarverfahren eingeleitet. „Solche Lehrer haben im Schulbetrieb nichts zu suchen.“

Die betroffenen Frauen hatten vor einem Jahr Strafanzeige gegen den Lehrer gestellt, die aber wegen der Verjährung der Taten folgenlos blieb. Sie sind jedoch froh, dass die Schulaufsicht die Sache nicht einfach auf sich beruhen lassen will: „Dieses Gefühl von Ohnmacht und Hilflosigkeit verfolgt mich schon so lange.“ Darüber, ob der beschuldigte Lehrer an den anderen Schulen Schülerinnen sexuell missbraucht hat, ist nichts bekannt. Andere Betroffene haben sich bisher noch nicht gemeldet.

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