zum Hauptinhalt

Politik: Schutz dem Täter?

Juristentag erwägt mehr Rechte für Beschuldigte

Bonn - Wenn Polizei und Staatsanwaltschaft gegen einen Beschuldigten ermitteln, kann das gravierende Folgen haben, auch wenn es nicht zur Gerichtsverhandlung kommt. Ein aktuelles Beispiel ist Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD), den das Ermittlungsverfahren zum Rücktritt zwingen könnte – noch lange bevor ihm Untreue in der Vergabe öffentlicher Mittel in der Tempodrom-Affäre nachgewiesen sein sollte. Weil das Ermittlungsverfahren immer wichtiger wird, steht es auch auf dem Programm des 65. Deutschen Juristentages, einer Fachtagung von 2600 Experten in Bonn, deren Ergebnisse in konkrete Vorschläge für die Rechtspolitik münden sollen.

Rot-Grün hatte schon vor Monaten einen Diskussionsentwurf vorgelegt. Kernpunkt: Der Verteidiger darf sich früher einschalten und bekommt mehr Rechte. Verhandelt werden soll nicht mehr erst vor Gericht, sondern schon vorab. Weil dann schon vieles geklärt ist, könnte die Hauptverhandlung gestrafft werden, was Aufwand und Geld sparen soll.

Auf Kosten der Wahrheit? Das befürchten vor allem die Ankläger, die nach den Worten des Stuttgarter Generalstaatsanwalts Klaus Pflieger „einseitige und ungerechtfertigte Vorteile der Beschuldigten“ erkennen. Aber der Druck auf die Ankläger ist groß: 4,6 Millionen Ermittlungsverfahren gibt es im Jahr, nur ein Zehntel der Fälle landet wirklich vor dem Richter. Wie die übrigen Verfahren enden, ist schon heute oft Verhandlungssache – bislang ist der Staat hier in der überlegenen Position. Das dürfte sich ändern, obwohl die Opposition protestiert. Denn sie propagiert konsequent „Opferschutz vor Täterschutz“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false