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Politik: Schwarz-Gelb geht auf Distanz zu Kirchhof

Stoiber: Unsere Beschlüsse gelten / Merkel: Das steht nicht zur Abstimmung / Westerwelle: Nur Theorie

Von Robert Birnbaum

Berlin – Angesichts gesunkener Umfragewerte gehen die Spitzen von Union und FDP auf Distanz zu den Ideen des Steuerexperten Paul Kirchhof. CSU-Chef Edmund Stoiber erteilte Kirchhofs Steuer- und Rentenplänen eine Absage. „Entscheidend ist, was wir beschlossen haben“, sagte Stoiber dem Tagesspiegel am Sonntag. Bei den Steuern sei dies der linear-progressive Tarif. „Das bedeutet: Wer mehr verdient, zahlt mehr Steuern, wer weniger verdient, weniger.“ Die Diskussion um Kirchhofs Idee einer Einheitssteuer von 25 Prozent sei „geradezu absurd“, sie komme ihm vor, „als ob wir noch gar nicht am Ufer sind und schon über die Brücke treten wollen“. Auch Kirchhofs Vorschlag zu einem kapitalgedeckten Rentensystem lehnte Stoiber vehement ab. „Es gibt mit der Union keine Rentenkürzungen und keinen Systemwechsel in der Rente.“ CDU-Chefin Angela Merkel betonte, was über das Wahlprogramm der Union hinausgehe, „steht jetzt nicht zur Abstimmung“. Sie warf in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ der SPD vor, mit Unterstellungen bei den Menschen Angst zu schüren. Merkel deutete zugleich in der „Bild am Sonntag“ an, dass der frühere Vizefraktionschef Friedrich Merz (CDU) nach der Wahl wieder in ein Führungsamt aufsteigen könnte.

Die FDP forderte die Union auf, sich von Kirchhofs Ideen abzugrenzen. Parteichef Guido Westerwelle sagte der „Welt am Sonntag“, ihn ärgere, dass nur noch über Steuertheorie gesprochen werde. Es gehe aber „nicht um die Selbstverwirklichung von noch so klugen Leuten, sondern um Arbeitsplätze“. Der FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms verlangte, die Union müsse zweifelsfrei klarstellen, dass es bei dieser Wahl nicht um Kirchhofs Einheitssteuer-System gehe. FDP- Politiker kündigten eine Zweitstimmenkampagne und eine Offensive gegen eine große Koalition an. Auch Wirtschaftsverbände und Gewerkschafter lehnten ein Regierungsbündnis aus Union und SPD ab. Die Union will bis in den Wahlsonntag hinein um Wähler werben.

Kanzler Gerhard Schröder (SPD) warf der Union vor, sie wolle von ihrem „Star am Himmel der nationalen Politik“ plötzlich nichts mehr wissen. Kirchhofs Modell sei unsozial und unbezahlbar.

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