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Schwarzgeld-Affäre: Kanther-Urteil auf der Kippe

Das Urteil im Prozess um die hessische CDU-Schwarzgeld-Affäre steht möglicherweise auf der Kippe. In der Revisionsverhandlung vor dem Bundesgerichtshof äußerten Verteidigung und Bundesanwaltschaft Zweifel am Urteil des Landgerichts Wiesbaden.

Karlsruhe - Die Bundesanwaltschaft wolle deshalb voraussichtlich die Aufhebung des Richterspruchs und eine Neuverhandlung beantragen, sagte Oberstaatsanwalt Christian Krehl. Die Vorsitzende Richterin des 2. Strafsenats sprach von einem "höchst komplizierten" Verfahren. Der BGH will sein Urteil Mitte Oktober verkünden.

Das Landgericht hatte im April 2005 den früheren Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) wegen Untreue zu eineinhalb Jahren auf Bewährung verurteilt. Der ehemalige Vorsitzende der Hessen-CDU erhielt außerdem eine Geldstrafe von 25 000 Euro. Den mitangeklagten Ex-CDU-Finanzberater Horst Weyrauch verurteilte das Gericht wegen Beihilfe zur Untreue zu einer Geldstrafe von 61 200 Euro.

In dem Verfahren geht es um die Verschiebung von umgerechnet 10,23 Millionen Euro Parteivermögen ins Ausland an den Büchern der Partei und am CDU-Landesvorstand vorbei. Laut Urteil transferierten Kanther und Weyrauch das Geld zunächst im Jahr 1983 auf ein verschleiertes Treuhandkonto in der Schweiz. 1993 überführte Weyrauch das Schweizer Guthaben auf Konten der in Liechtenstein gegründeten Stiftung "Zaunkönig". Die Affäre wurde im Januar 2000 aufgedeckt. Zwischenzeitlich war das Geld wieder an die hessische CDU zurückgeflossen, teilweise getarnt als "Vermächtnisse aus jüdischen Emigrantenkreisen". Die tatsächliche Herkunft des Geldvermögens ist ungeklärt.

Anwalt: Verurteilung wirkt konstruiert

Der damalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) verlangte von der Bundes-CDU wegen falscher Rechenschaftsberichte ihres hessischen Landesverbandes 21 Millionen Euro staatlicher Parteienfinanzierung zurück. Vor allem auf diesen "Gefährdungsschaden" hatte das Landgericht sein Untreue-Urteil gegen die Angeklagten gestützt.

Kanther und Weyrauch selbst erschienen nicht zur Verhandlung. Der Anwalt Kanthers, Alfred Dierlamm, sagte, die Verurteilung seines Mandanten wegen Untreue wirke "konstruiert" und enthalte Rechtsfehler. Kanther habe das betroffene Parteivermögen ins Ausland transferiert, "um die Partei vor politischem und wirtschaftlichem Schaden zu bewahren". Ihm könne deshalb "keine vorsätzliche Vermögensgefährdung" vorgeworfen werden. "Das Geld war so sicher wie nirgends anders", betonte Dierlamm.

Dem hielt der Vertreter der Bundesanwaltschaft, Oberstaatsanwalt Christian Krehl, entgegen, das "vorsätzliche Vorenthalten der Mittel" habe der Landespartei wirtschaftliche Nachteile zugefügt. In diesem Punkt sieht die Bundesanwaltschaft offenbar weiterhin einen strafrechtliche Schuld der Angeklagten gegeben. Dagegen sei die Verurteilung wegen der Abgabe falscher Rechenschaftsberichte in den Jahren von 1995 bis 1997, in denen das Auslandsvermögen nicht aufgeführt war, anzuzweifeln, sagte Krehl. Die Angeklagten hätten bei Abgabe der falschen Rechenschaftsberichte den drohenden Schaden für die CDU durch den massiven Verlust staatlicher Parteienfinanzierung nicht ausreichend voraussehen können. (Von Norbert Demuth, ddp)

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