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Politik: Schwedens Außenminister unter Druck

Opposition wirft Bildt Bestechlichkeit vor / Indirekte Verbindung zu Gasprom

Die für eine erste Bilanz obligatorischen einhundert Tage sind noch nicht ganz verstrichen, und dennoch steht Schwedens bürgerliche Regierung erneut auf dem Prüfstand: Musste sie bereits kurz nach der Amtsübernahme gleich zwei Ministerrücktritte verkraften, sieht sich jetzt ihr prominenter Außenminister, der frühere schwedische Regierungschef Carl Bildt, wachsender Kritik, ja sogar Bestechlichkeitsvorwürfen der Opposition, aber auch aus den eigenen Reihen ausgesetzt.

Der Grund für die Turbulenzen, die sogar einen Staatsanwalt zu einer Voruntersuchung veranlasst haben: Bildt, der zwischen 1991 und 1994 Regierungschef war, hatte nach seinem Rückzug aus der Politik eine Reihe von Aufsichtsratsposten angenommen. So auch bei der schwedischen Investmentfirma Vostok Nafta, die 1,3 Prozent an dem russischen Gasmonopolisten Gasprom hält. Als Bildt im Oktober 2006 Außenminister wurde, gab er alle Posten ab und verkaufte seine Aktien an den Unternehmen. Bei Vostok Nafta besaß Bildt allerdings Optionen, die erst zwei Monate nach seiner Aufnahme ins Kabinett eingelöst werden konnten. Vor einem Monat verkaufte er sie für umgerechnet rund 500 000 Euro.

Während die schwedische Presse Bildt angreift, weil er nicht auf das Geld verzichtet hat, will Oberstaatsanwalt Christer van der Kwast wissen, ob es Zusatzabkommen gibt, in denen sich Bildt auf eine Gegenleistung für das Unternehmen verpflichtet habe. Besonders delikat an der Verbindung Vostok Nafta/Gasprom ist der Plan des russischen Energieriesen, eine Gaspipeline von Russland durch die Ostsee nach Deutschland zu bauen. Diese Pipeline führt auch durch die schwedische Wirtschaftszone und könnte die Loyalität des Ministers auf die Probe stellen: Schweden ist gegen das Projekt. Das Land fürchtet neben Umweltbeeinträchtigungen vor allem sicherheitspolitische Nachteile. Einen Glaubwürdigkeitskonflikt sieht Bildt selbst nicht. Er sei nicht befangen, wenn er im Kabinett über die Zustimmung zum Bau der Pipeline entscheiden müsse. Premier Reinfeldt gab ihm Rückendeckung: „Das Kabinett beschließt in diesen Fragen gemeinsam“, sagte er.

Die Opposition fordert dennoch Bildts Rücktritt, da es sehr ungewöhnlich sei, dass ein Unternehmen nach dem Ausstieg eines Aufsichtsratsmitglieds das Optionsprogramm fortsetze. Vostok Nafta widersprach dieser Auffassung: „Der Aufsichtsrat hat in fünf früheren Fällen beschlossen, dass Optionen auch nach Beendigung der Arbeit im Aufsichtsrat ausgenutzt werden können.“ Für Bildt selbst stand die Ausnutzung der Optionen außer Frage: „Das ist mein Lohn für die Arbeit, die ich in den vergangenen Jahren geleistet habe“, sagte er. Experten sind sich einig, dass Bildts Ausnutzung der Optionen legal ist. Anders als seine beiden Kabinettskolleginnen, die nur eine Woche nach Amtsantritt wegen unbezahlter Fernsehgebühren zurücktreten mussten, wird Bildt die Turbulenzen aller Wahrscheinlichkeit nach politisch überleben.

Helmut Steuer[Stockholm]

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