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Politik: Schwer zu halten

Merkel hat auf dem G-8-Gipfel mehr Entwicklungshilfe versprochen, als jetzt im Haushalt vorgesehen ist

Von Antje Sirleschtov

Berlin - 3,2 Milliarden Euro mal eben so – zusätzlich – aus dem Ärmel zu schütteln, nur weil die Bundeskanzlerin 2006 in Heiligendamm versprochen hat, den Ärmsten der Welt in Zukunft mit deutlich mehr Geld unter die Arme greifen zu wollen, das ist auch für ein Land wie Deutschland kein Pappenstiel. Und dennoch ist es noch immer nicht genug, um das ganze Versprechen von Angela Merkel (CDU) beim Treffen der größten Industrieländer der Welt einzulösen. Wenn sich die G-8-Runde übernächste Woche in Japan trifft, dann wird Merkel zwar sagen können: Deutschland ist das Land auf der Welt mit den zweithöchsten Entwicklungshilfe-Ausgaben. Ihr Ziel jedoch, diese Ausgaben bis 2010 auf 0,51 Prozent des Bruttoinlandproduktes zu steigern, dieses Ziel wird man nicht ganz erreichen können. Trotz guter Konjunktur, trotz einiger Steuererhöhungen in der schwarz-roten Amtszeit.

Am kommenden Mittwoch wird das Kabinett den Bundeshaushalt 2009 und die Finanzplanung bis 2012 verabschieden und danach wie in jedem Jahr dem Bundestag übergeben. So viel weiß man: Union und SPD haben ihr Versprechen eingehalten; ab 2011 wird der Bund keine neuen Schulden mehr machen, um seine Ausgaben zu finanzieren. Maximal ein paar Privatisierungserlöse werden vonnöten sein, um Ausgaben und Einnahmen in Deckung zu bringen.

Zwei andere Versprechen mussten jedoch in den letzten Monaten diesem Ziel geopfert werden – beinah zumindest. Eins davon ist die sogenannte ODA-Quote, jene 0,51 Prozent Entwicklungshilfe. Zusätzlich zum rund 4,5 Milliarden Euro großen Etat des SPD-geführten Entwicklungshilfeministeriums wird die Regierung ab 2009 rund 800 Millionen Euro jährlich ausgeben, bis 2012 also insgesamt 3,2 Milliarden Euro. „Kein Bereich im Bundeshaushalt verzeichnet derartige Zuwächse“, sagte Regierungssprecher Thomas Steg am Freitag. Die bisherige Quote von rund 0,37 Prozent kann damit allerdings nur gehalten, im besten Fall marginal erweitert werden.

Ähnlich sieht es in der Bildungspolitik aus. Der Etat von Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) steigt um 450 Millionen Euro pro Jahr bis 2012. Auch das ist natürlich nicht genug, um das an die EU-Partner abgegebene Versprechen einzulösen, die Ausgaben für Bildung und Forschung auf drei Prozent des Sozialproduktes zu steigern. Bei großzügiger Schätzung liegt Deutschland 2010 mit diesen Etatansätzen bei 2,8 Prozent.

Dennoch sagte Steg: „Die Kanzlerin hält Wort.“ Schließlich sei der Bund ja nicht allein für die Einhaltung der Quote im Bildungsbereich zuständig. Auch die Bundesländer und die Wirtschaft müssten ihren Beitrag leisten.

So sehen es übrigens im Prinzip auch die betroffenen Ministerinnen für Entwicklungshilfe und Forschung. Dass beide noch vor einigen Wochen zu denen gehörten, die den größten Teil der 40 Milliarden Euro Zusatzforderungen (bis 2012) bei Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) angemeldet und die Einhaltung der internationalen Versprechen für Entwicklungshilfe und Bildung gefordert hatten, ist offenbar vergessen.

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