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Politik: „Schwerster Atomunfall Schwedens“

Stockholm - Der Störfall in dem schwedischen Atomreaktor Forsmark am 26. Juli dieses Jahres war nach Ansicht der schwedischen Strahlenschutzbehörde SKI „ernster als zunächst angenommen“.

Stockholm - Der Störfall in dem schwedischen Atomreaktor Forsmark am 26. Juli dieses Jahres war nach Ansicht der schwedischen Strahlenschutzbehörde SKI „ernster als zunächst angenommen“. Der Chef von SKI, Björn Carlsson, sagte im schwedischen Radio, nach Durchsicht und Auswertung aller Informationen habe sich „das Bild über die Reaktorsicherheit deutlich verschlechtert“. Zwei voneinander unabhängig arbeitende Notstromaggregate seien durch denselben Kurzschluss lahmgelegt worden. Der SKI-Chef bezeichnete den Zwischenfall, der zu keiner erhöhten Strahlung führte, als den „schwerwiegensten in der schwedischen Atom-Geschichte“. Allerdings ist es in den ehemals zwölf schwedischen Reaktoren nie zu ernsten Störfällen gekommen. Die Störung im Reaktor Forsmark 1 hatte SKI auf der internationalen siebenstufigen Skala mit zwei bewertet.

SKI will wegen der neuen Erkenntnisse nun auch den drei weiteren vorsorglich geschlossenen Kernreaktoren erst nach eingehender Prüfung eine neue Betriebsgenehmigung erteilen. Über den Neustart könne man erst nach dem 6. September entscheiden. Bis zu diesem Tag müssen die Forsmark-Betreibergesellschaft sowie die deutsche Eon als Betreiber der beiden Reaktoren in Oskarshamn in Südschweden einen Bericht über neue Sicherheitsmaßnahmen vorlegen.

Die Behörde hatte am 26. Juli nach dem Zwischenfall in einem Reaktor in Forsmark vorsorglich weitere drei Reaktoren mit einer ähnlichen Technik vom Netz genommen. Der Störfall hatte sich ereignet, als nach einem Reaktorstopp nicht wie vorgesehen die Notaggregate zur Kühlung automatisch ansprangen. Erst mit 23 Minuten Verspätung konnten die Forsmark-Techniker die Notstromaggregate manuell starten und so möglicherweise eine Kernschmelze verhindern.

Obwohl Schweden am 17. September ein neues Parlament wählt, spielt die Zukunft der Atomkraft im Wahlkampf keine Rolle. Die Politiker meiden das heikle Thema. Schweden bezieht bislang knapp die Hälfte seines Stroms aus zehn Reaktoren. Die beiden Reaktoren im südschwedischen Barsebäck sind nach einem parteiübergreifenden Beschluss 2001 und 2005 vom Netz gegangen. Die Schließung von Barsebäck bezeichneten Kritiker als „Ausstieg aus dem Ausstieg“, da gleichzeitig mit der Stilllegung der Termin für das Abschalten weiterer Reaktoren gestrichen wurde. Mittlerweile hat die sozialdemokratische Minderheitsregierung den Betreibergesellschaften sogar grünes Licht für eine Effekterhöhung der übrigen zehn Reaktoren gegeben. Wenn die dafür notwendigen Umbauten in den Anlagen abgeschlossen sind, wird Schweden mehr Strom aus Atomkraft produzieren als vor der Schließung von Barsebäck.

Helmut Steuer

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