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Sehnsucht nach Einheit: Fall der religiösen Mauer

In Würzburg führt eine "Brücke der Deutschen Einheit" über den Main. Von heute bis Sonntag wird in Würzburg noch an einer weiteren Brücke gebaut. Sie führt über die Gräben innerhalb des deutschen Protestantismus.

Denn zum ersten Mal tagen am 1. Mai die obersten Kirchenparlamentarier der evangelisch-lutherischen und der evangelisch-unierten Kirchen am selben Ort zur selben Zeit. Am 2. Mai kommen dieselben Parlamentarier dann zur konstituierenden Sitzung der 11. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Was sich nach einer Spezialität für Kirchenfreunde anhört, ist ein großer Schritt für das Zusammenwachsen der 25 Millionen evangelischen Christen in Deutschland, die sich in Mentalität und Kirchenverständnis zum Teil bis heute unterscheiden.

Der Würzburger Tagungsmarathon ist aber auch deshalb interessant, weil die 126 Parlamentarier der EKD-Synode im Herbst einen Nachfolger für Bischof Wolfgang Huber wählen. Huber ist seit 2003 Vorsitzender des Rates der EKD und scheidet aus Altersgründen aus.

In der EKD-Synode engagieren sich Theologen und Laien aus allen Bereichen der Gesellschaft. Sie sind für sechs Jahre gewählt, weit über die Hälfte sind neue Gesichter. Die Hoffnung, die Landeskirchen werden möglichst junge Mitglieder in das höchste evangelische Gremium entsenden, ist nicht in Erfüllung gegangen. Der Altersdurchschnitt liegt bei 56 Jahren. „In Würzburg werden wir uns erst einmal kennenlernen“, sagt die Frankfurter Pfarrerin Ulrike Trautwein. Sie gehört einer der 13 sogenannten unierten Landeskirchen an und sagt: „Die Kollegen aus den acht lutherischen Landeskirchen sind so selbstbewusst. Da müssen wir Unierten schauen, wo wir bleiben.“ Dieses lutherische Selbstbewusstsein könnte Margot Käßmann, Bischöfin der lutherischen Landeskirche Hannover, ins Amt der Ratsvorsitzenden tragen. Nachdem Bischof Huber und dessen Vorgänger Präses Manfred Kock aus unierten Landeskirchen stammten, wäre nun sowieso ein Lutheraner dran.

Viele Synodale wünschen sich jedenfalls jemanden an der Spitze, der dem Kirchenparlament wieder mehr Gewicht gibt, nachdem Bischof Huber die EKD sehr nach seinem eigenen Profil geprägt hat. Viele wissen, was sie an Hubers Intellektualität und politischer Schärfe hatten; dadurch ist die evangelische Kirche in der Öffentlichkeit wieder gehört worden. Nun aber sehnen sie sich nach jemandem, der „menschlich ausgleichender“ ist, nach dem „Typ Seelsorger“. Für viele verkörpert Margot Käßmann diese Mischung aus seelsorgerischer Ausstrahlung und öffentlicher Bekanntheit mehr als die männlichen Kandidaten, deren Namen bisweilen in die Runde geworfen werden, der des Stuttgarter Bischofs Otfried July etwa oder des badischen Bischofs Ulrich Fischer. Käßmanns Scheidung vor zwei Jahren wäre für die liberale Mehrheit der Kirchenparlamentarier wohl kein Grund, sie nicht ins höchste evangelische Amt zu wählen. Es könnte aber sein, dass die Konservativen die Trennung zum Thema machen werden.

Am Sonnabend wählen die Synodalen in Würzburg aber erst einmal ein neues Präsidium. Als Kandidat für das Amt des Präses wird der frühere bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein gehandelt. Er engagiert sich seit Jahren in der bayerischen Landeskirche und ist ein Neuzugang in der EKD-Synode. Bischof Huber würdigte Beckstein zu dessen 65. Geburtstag vergangenes Jahr als „profiliertes Gesicht“ der evangelischen Kirche, das „weit in die Gesellschaft ausstrahle“. Einen solchen Promi an der Spitze, finden manche aber gerade schwierig. „Mit jemandem, der sich politisch so eindeutig positioniert hat, würden wir uns zu sehr festlegen“, sagt etwa Pfarrerin Trautwein.

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