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Politik: „Seine Erfolge sind ja nicht sehr groß“

Von Hans Monath Die meisten Diplomaten hüten sich davor, innere Angelegenheiten ihres Gastlandes von Podien herab zu bewerten. An diese Regel hat sich im Streit um Jürgen Möllemann lange auch der israelische Botschafter Schimon Stein gehalten – bis Dienstagabend.

Von Hans Monath

Die meisten Diplomaten hüten sich davor, innere Angelegenheiten ihres Gastlandes von Podien herab zu bewerten. An diese Regel hat sich im Streit um Jürgen Möllemann lange auch der israelische Botschafter Schimon Stein gehalten – bis Dienstagabend. Da sprach Stein über seine Sorgen wegen der Antisemitismus-Debatte. Und dann machte er einige heikle Anmerkungen, die jedenfalls seinen Ruf als geschickter Diplomat in der Hauptstadt nicht eben stärken dürften.

Eingeladen hatte die Liberale Türkisch- Deutsche Vereinigung (LTD), deren Führung keinen Hehl daraus machte, dass sie Möllemanns Vorgehen für unerträglich hält. Die Deutsch-Türken, sagte die frühere Ausländerbeauftragte Cornelia Schmalz-Jacobsen, seien „entrüstet“, dass sie von Möllemann „als Stimmvieh missbraucht werden sollen".

Auch für Botschafter Stein geht es in der aktuellen Diskussion nicht um Personen, sondern um Inhalte. Sorgen mache ihm, dass der deutsch-jüdische und deutsch-israelische Dialog nicht weit genug vorangekommen sei. Schließlich werfe in Umfragen ein Viertel der Deutschen den Israelis Nazi-Methoden vor, zwei Drittel glaubten, dass viele sich nicht trauten, „ihre wirkliche Meinung über Juden zu sagen“. Stein: „Da frage ich mich, was ging eigentlich schief?“

Ärger dürfte ihm jedoch seine Attacke auf die Kriegführung der Nato im Kosovo einbringen. Stein war aufgefordert worden, den Einsatz in Dschenin zu rechtfertigen – und forderte gleiche Maßstäbe für alle: Israel habe mit Rücksicht auf Zivilisten eigene Soldaten gefährdet und verloren – und „nicht wie die Nato im Kosovo aus vier Kilometer Höhe bombardiert“.

Zudem ist fraglich, ob sich Außenminister Joschka Fischer über die Einschätzung freut, wonach er im Nahost-Konflikt zwar als verlässlicher Partner gelte, bislang aber für Israels Sicherheit nichts habe tun können: „Seine Erfolge, leider, sind ja nicht sehr groß.“ So habe Fischer zwar Jassir Arafat nach dem Anschlag im Juni 2001 eine Erklärung gegen die Gewalt abgetrotzt, die aber sei schon nach Stunden hinfällig gewesen. Stein: „Auch in diesem Fall hat er dauerhaft nichts erreicht.“

In einem Punkt aber werden wohl die meisten deutschen Politiker Stein zustimmen – in der Einschätzung nämlich, dass die Beziehungen zu Israel „auf absehbare Zeit nicht normal sein werden“.

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