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Politik: Seine militärischen Vorgänger hätten "das Geld rausgeworfen wie betrunkene Matrosen" - Hoffnung auf Schuldenerlass

Ins Einheitsgrau hiesiger Manager und Politiker mischen sich die Farben exotischer Kleidung. Auch der große Gast trägt "Agbada", eine Art Luxus-Kaftan mit Kappe.

Von Markus Hesselmann

Ins Einheitsgrau hiesiger Manager und Politiker mischen sich die Farben exotischer Kleidung. Auch der große Gast trägt "Agbada", eine Art Luxus-Kaftan mit Kappe. Ein afrikanischer Staatsmann ist in Berlin, nicht irgendeiner, sondern der Präsident des mit Abstand bevölkerungsreichsten Landes des Kontinents. Olusegun Obasanjo ist der nach zwei Jahrzehnten Militärdiktatur wieder frei gewählte Repräsentant von 120 Millionen Nigerianern. Mehr noch: Der 64-Jährige verkörpert die Hoffnungen auf ein "New Nigeria", wie er es selbst nennt. Auf die bessere Zukunft eines mit Rohstoffen wie Öl und Gas gesegneten Landes, das lange nur wegen ethnischer Konflikte, Korruption, einer weltweit tätigen Mafia und Menschenrechtsverletzungen Schlagzeilen machte.

Über Menschenrechtsverletzungen kann Obasanjo aus erster Hand berichten. Unter Diktator Sani Abacha saß Obasanjo wegen eines angeblichen Putschversuches vier Jahre im Gefängnis. Zur gleichen Zeit aber waren Straßen nach ihm benannt, und sein Konterfei hing goldumrahmt im staatlichen Museum in der Metropole Lagos. Denn Obasanjo gehört selbst zur Ahnengalerie der Militärherrscher. Mit dem kleinen Unterschied, dass der General 1979 die Macht an eine gewählte Regierung abgab und damit eine kurze demokratische Zeit einläutete.

Nicht zuletzt dadurch erhofft er sich jetzt einen Vertrauensvorschuss als Demokrat. "Ich habe gesagt, ich gehe, und bin dann tatsächlich gegangen. Wenn ich Ihnen jetzt sage, ich tue alles, um Nigeria zu demokratisieren und die Korruption zu bekämpfen, dann können Sie mir auch das glauben." Erste Ansätze waren viel versprechend: Obasanjo entließ direkt nach seinem Amtsantritt die gesamte militärische Führung, die das Land als ihr Privateigentum betrachtet hatte. Andererseits kritisiert Amnesty International, dass Obasanjo noch nichts in Richtung einer rechtsstaatlichen Verfassung unternommen hat und Unruhen im ölreichen Niger-Delta mit Waffengewalt beenden ließ.

Das alte Nigeria sei das korrupteste Land der Welt gewesen, sagt Obasanjo, selbst Mitbegründer der Anti-Korruptionsorganisation "Transparency International". Die Militärs hätten "das Geld rausgeworfen wie betrunkene Matrosen". Die Devisenreserve Nigerias sei zwischen Januar und Mai 1999, dem Amtsantritt Obasanjos, noch einmal von 7,1 auf 3,7 Milliarden Mark geschrumpft. In dieser Woche tauchten auf einem Schweizer Konto eine Milliarde Mark auf, die Abacha dort gebunkert hatte.

In Berlin tritt Obasanjo selbstbewusst auf. Der Präsident möchte nicht wie ein Bittsteller wirken. Dennoch ist ein wichtiger Punkt seiner Mission ein Erlass der horrenden nigerianischen Auslandsschulden. Allein in Deutschland steht das westafrikanische Land mit knapp sieben Milliarden Mark in der Kreide. "Wir brauchen das Geld, um unsere Wirtschaft anzukurbeln", sagt Obasanjo seinen Gesprächspartnern. "Wir wollen den Leuten wieder Kaufkraft verschaffen. Sie können das dann auch Markt nennen." Ein Markt mit 120 Millionen Menschen käme der Exportnation Deutschland zu Gute.

Sieben Milliarden Mark Schulden hat Nigeria in Deutschland. Ein Erlass sei "unsittlich", sagt Werner Schuster, Bundestagsabgeordneter und Afrika-Experte der SPD. Das sei deutschen Wählern kaum vermittelbar. "Zumal Nigeria ein rohstoffreiches Land ist." Deutschland wolle den Nigerianern eine Stundung der Schulden anbieten. "Damit sie wieder Luft zum Atmen bekommen."

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