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© dpa

Seitenwechsel: Althaus wird Auto-Lobbyist

Ex-Ministerpräsident Althaus wechselt in die Wirtschaft – für Magna hatte er sich massiv eingesetzt.

Der Zeitpunkt, an dem Dieter Althaus seinen Wechsel in die Wirtschaft verkündete, wirkte wie eine letzte Rache an seiner Nachfolgerin. „Der Zeitpunkt war kein Zufall“, meinte jedenfalls die Grünen-Fraktionschefin im Landtag, Anja Siegesmund. Ihr Verdacht hat mit der Wahl einer neuen Spitze des Thüringer Rechnungshofs zu tun. Althaus war als Ministerpräsident in anderthalb Jahren nicht gelungen, was seine Nachfolgerin Christine Lieberknecht in nicht einmal drei Monaten zustande brachte. Sie bezog die Opposition ein, die gestern für satte Mehrheiten sorgte.

Doch statt sich über den neuen Präsidenten (von der CDU) und seinen Vize (von der Linkspartei) zu freuen, gab es im politischen Erfurt nur ein einziges Thema: den Wechsel von Althaus zum österreichisch-kanadischen Autozulieferer Magna. Ein Konzern, wie der scheidende Politiker sogleich referierte, mit 72 000 Beschäftigten, 240 Werken und 80 Forschungszentren.

Ein echter Global Player also, für den Althaus bereits ab kommenden Montag arbeiten wird. Er werde, hieß es in einer Magna-Mitteilung, als „Vice President für den Kunden Volkswagen und Kontakte zu öffentlichen Stellen in Deutschland zuständig sein“. Arbeitsort wird vorrangig Wolfsburg, anderthalb Autostunden vom heimischen Heiligenstadt entfernt.

Nicht nur deshalb dürfte der Job nach dem Geschmack von Althaus sein. Die Wirtschaft lag ihm schon als Ministerpräsident am Herzen. So konnte er die Triebwerkswartung von Lufthansa nach Thüringen holen und die Solarindustrie zu einer Boombranche machen. Wenn jetzt Spiegel Online titelte, dass Althaus „Autolobbyist“ wird, dann stimmt das nicht ganz. Er war es eigentlich schon vorher.

Als Ministerpräsident setzte er sich – wie viele andere Politiker – massiv dafür ein, dass Magna den Autobauer Opel kaufen kann, der im thüringischen Eisenach ein modernes Werk betreibt. „Die Bürgschaften von Bund und Ländern stehen für das Magna-Konzept zur Verfügung, aber nicht für das eines Mitbewerbers“, erklärte Althaus unmissverständlich. General Motors gab Opel letztlich zwar nicht her. Die Magna-Bosse aber wollten den Thüringer nicht mehr missen. Vor allem mit seinem Duzfreund Siegfried („Siggi“) Wolf handelte er seinen Vertrag aus. Magna habe ihn angesprochen, sagte Althaus.

Für ihn ist es wohl der endgültige Abschied aus der Politik. „Ich bedauere, dass mein politischer Weg nach 20 Jahren zu Ende geht“, sagte er. 1990 wurde er in den ersten Thüringer Landtag gewählt, war Kultusminister, CDU-Fraktionschef und ab 2003 Ministerpräsident. Vorigen August hatte er mit Pauken und Trompeten die absolute Mehrheit der CDU verspielt. Seit dem Start der neuen schwarz-roten Koalition ist Althaus nur noch ein einfacher Abgeordneter, der im Landtag unzugänglich und wortkarg in der zweiten Reihe hockt und sich am liebsten mit seinem Handy beschäftigt.

Bedauern, dass dies ein Ende hat, kam jedoch nicht auf. Einige in der CDU freuten sich für ihn und seinen wohl sehr gut bezahlten Job. „Es ist konsequent, dass er sich einer neuen Aufgabe widmet und nicht im Wartestand sitzt“, meinte sein Amtsvorgänger Bernhard Vogel. „Endlich“, entfuhr es dagegen anderen, die froh sind, den durch Wahl und Machtverlust gedemütigten und unberechenbaren Abgeordneten los zu sein.

Ende April will Althaus sein Landtagsmandat niederlegen. Zu spät, befanden die politischen Gegner. Und empörten sich zugleich über den Wechsel, der dem Gasprom-Deal von Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) nicht nachzustehen scheint. „Es ist nicht akzeptabel, dass Althaus in einen Betrieb geht, der ein langjähriger Subventionsempfänger in Thüringen ist“, kritisierte Oppositionsführer Bodo Ramelow von den Linken. Magna hat eine Niederlassung in Heiligenstadt. Fast schon Ironie ist es, dass Magnas Europazentrale in Österreich ist. Auf einer österreichischen Skipiste verursachte Althaus am Neujahrstag 2009 jenen schweren Unfall, bei dem eine Frau ums Leben kam. Vielen gilt dieses Datum als der Anfang vom Ende seiner Politikerlaufbahn.

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