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Politik: Selbstgepfuschtes hält am besten

Ein wichtiges Kapitel der deutschen Wirtschaftsgeschichte ist noch nicht geschrieben: Daniel Düsentrieb. Doch, doch!

Ein wichtiges Kapitel der deutschen Wirtschaftsgeschichte ist noch nicht geschrieben: Daniel Düsentrieb. Doch, doch! Keiner hat nach dem Krieg mehr für den Aufschwung der Bundesrepublik getan als dieser Ingenieur der Herzen. Wollten wir nicht alle so elegant wie er Gedankenleser, lautlose Raketen und dampfgetriebene Rückenkratzer zusammenschrauben? Gehört nicht seine bahnbrechende Erkenntnis „Das beste Werkzeug ist ein Tand/in eines tumben Toren Hand“ zu den Fundamenten der modernen Ingenieurwissenschaften schlechthin?

Nun gut: All seine einstigen Anhänger haben es, ahem, nicht in die Ruhmeshalle deutschen Konstruktionsgenies gebracht. Aber sie hätten! Heute sieht die Sache ganz anders aus. Die gegenwärtigen Vorbilder der Jugend sind öde Waffenfetischisten, die in ihren angestammten Computerwelten eine Fabrik lieber in die Luft sprengen, statt sie zu bauen.

Das Ergebnis ist bittere Realität: Die deutsche Industrie hat, wie wir einer Mitteilung aus dem Dunstkreis der Hannover-Messe entnehmen müssen, gegenwärtig 23 000 offene Stellen für Ingenieure. Nimmt man alle Projekte hinzu, die erst gar nicht angefangen werden, weil sie sowieso keiner stemmen kann, sind es sogar 48 000. „Ein Riesenstaudamm am Plockwitzer Löschteich?“, heißt es dann bei unseren Überdrüber-Baukonzernen, „den würden wir schon gern bauen, aber es fehlt uns einfach an planerischer Manpower.“ Umsatzausfall pro Jahr: 3,5 Milliarden Euro. Und in ganz Deutschland jammern Soziologen, vergleichende Literaturwissenschaftler und Journalisten über die Lage des Landes – die es nicht gäbe, hätten sie rechtzeitig was Ordentliches studiert.

Es fehlen also nun genau jene Produkte, die die Welt von Deutschland erwartet. Die Ein-Liter-Cheflimousine, das Hocheffizienz-Windrad für die Gartenterrasse, der tiefe Flachbildschirm, der MP3-fähige Wackeldackel, alles Zukunftsmusik. Und draußen in der Welt sitzen fähige Tüftler, die das alles bauen könnten. Aber sie tun es nicht, weil sie auf die Bloody Germans und ihre berühmte Ingenieurskunst vertrauen. Denen aber fehlt es ja inzwischen oft schon am simplen Handwerk.

Ja, Herr Düsentrieb? „Schluss mit Tonnen und mit Ästen!/Selbstgepfuschtes hält am besten!” Ein Vorbild! Gut, dass er damals wenigstens den dampfgetriebenen Rückenkratzer schon erfunden hat.

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