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Politik: Senegal: Richtig glücklich ist nur der Präsident

Nach den Krawallen von Göteborg und Genua ist der Schutz internationaler Gipfel in der Diskussion. Alle Strategien haben versagt.

Nach den Krawallen von Göteborg und Genua ist der Schutz internationaler Gipfel in der Diskussion. Alle Strategien haben versagt. In Schweden halfen offene Arme der Regierung nichts, Italien scheiterte mit Repression. Jetzt sind die Politiker wieder in Sorge: Der Welternährungsgipfel und die Tagung von Weltbank und Internationalem Währungsfond in Washington stehen an.

Mit großen Berichten und Fotos hatten die Zeitungen in Afrika über die Krawalle und den Toten beim G-8-Gipfel in Genua berichtet. Und sie hatten sich überrascht gezeigt über die Brutalität der Polizei "in einem demokratischen und entwickelten Staate". Entsprechend verhalten ist nun im westafrikanischen Senegal die Nachricht aufgenommen worden, dass Italien aus Sicherheitsgründen andere Gipfeltreffen nach Afrika abschieben will. Gedacht ist an eine Verlegung des für November geplanten Welternährungsgipfels der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), die ihren Sitz seit 1945 in Rom hat. Die FAO soll die Armut und Unterernährung in der Welt bekämpfen, und vom Thema her passt der Gipfel gut nach Afrika. Aber die Begründung für die Verlegung kratzt am Ehrgefühl der Senegalesen.

"Wir sollten uns fragen, warum der Westen uns immer unterjubeln will, was er selbst nicht mehr haben möchte", schreibt der Kommentator Seydou Sissoum in der Zeitung "Le Soleil" in Dakar. Nach dem Tschernobyl-Unfall sei verstrahltes Milchpulver nach Afrika gekommen, dann Giftmüll und nun wollten die Industriestaaten ihre schwierigen Gipfeltreffen loswerden. Aus dem Präsidentenpalast kam dagegen ein Willkommensgruß. "Ich bin bereit, den Gipfel zu beherbergen", sagte Senegals Präsident Abdoulaye Wade. Er sei "sehr glücklich", dass für ein solches Treffen ein afrikanisches Land in Erwägung gezogen werde.

Seiner Ansicht nach sollten ohnehin internationale Organisationen wie die Weltbank und die FAO ihren Sitz nach Afrika verlegen. Bisher ist das Umweltprogramm der UN in Nairobi in Kenia die einzige Weltbehörde auf dem afrikanischen Kontinent. Senegal sei für den Ernährungsgipfel bestens gerüstet, meint Präsident Wade. Die Sicherheitsprobleme seien "minimal" und die Infrastruktur Dakars müsse nur durch Hotelschiffe vervollständigt werden.

Mit dem Verweis auf die Notwendigkeit von Schiffen hat Wade allerdings auch schon die Schwachstellen aufgedeckt. Die 1,6-Millionen-Stadt Dakar beherbergt zwar hin und wieder Konferenzen, hat aber nur Kapazitäten für kleinere Kongresse: Mal treffen sich dort 300 Teilnehmer des Weltjugendforums, oder es sind wie zurzeit 500 Delegierte von Amnesty International aus aller Welt zu Gast. Westliche Diplomaten in Dakar äußern denn auch tiefe Skepsis darüber, ob die Infrastruktur Dakars für einen solchen Gipfel ausreicht, zumal die Vorbereitungszeit von drei Monaten knapp sei. Das Konferenzzentrum ist vom Hafen sehr weit entfernt und die Stadt Dakar leidet unter chronischer Verkehrsverstopfung.

"Einen solchen Gipfel kann ich mir hier praktisch nicht vorstellen", sagt ein westlicher Diplomat. Verständlich sei es aber, wenn Senegal dieses Treffen aus Prestigegründen an Land ziehen wolle. FAO-Direktor Jacques Diouf, selbst Senegalese, hält sich unterdessen mit Kommentaren zurück. Die italienische Regierung habe die FAO bisher nicht offiziell gebeten, den Gipfel zu verlegen, Senegal stünde daher nicht zur Diskussion, hieß es am Mittwoch aus der FAO-Zentrale. Zu Gerüchten, Diouf wolle seinem Heimatland den Gipfel ermöglichen, wollte dort ebenfalls niemand Stellung nehmen.

Der italienische Premier Berlusconi scheint inzwischen ohnehin vorsichtig den Rückzug einzuleiten. Die Zeitung "La Repubblica" meldete in ihrer online-Ausgabe, Berlusconi habe Außenminister Ruggiero gebeten, Kontakt mit seinen europäischen Kollegen aufzunehmen, um nach einem alternativen Verhandlungsort zu suchen. Im Falle einer negativen Antwort, schreibt das Blatt unter Berufung auf Regierungskreise, wäre die Regierung gezwungen, Rom als Gastgeberin des Gipfels zu bestätigen.

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