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Serbien: Ultranationalisten feiern

Bei der Parlamentswahl in Serbien sind die Ultranationalisten stärkste Partei geworden. Die demokratischen Parteien, die von der Europäischen Union und den USA unterstützt werden, erreichten allerdings die Mehrheit der Sitze.

Belgrad - Das so genannte demokratische Lager erhielt 146 von 250 Sitzen im Parlament, berichteten Wahlforscher und die Parteien selbst. Die Serbische Radikale Partei (SRS) kam auf 28,7 Prozent der Stimmen und kann 81 Abgeordnete stellen. Dahinter landete die Demokratische Partei (DS) des pro-europäischen Präsidenten Boris Tadic mit 22,9 Prozent. Die Demokratische Partei Serbiens (DSS) des amtierenden Ministerpräsidenten Vojislav Kostunica kam demnach auf 16,7 Prozent. Als wahrscheinlich gilt nun eine Regierungsbildung zwischen der DS, der DSS und der reformistischen Partei G17 Plus, die 6,8 Prozent erhielt.

Parteichef Tomislav Nikolic sagte, die SRS habe "wie erwartet" die Wahl gewonnen. Er sei aber nicht sicher, ob sie eine Regierung bilden könne. Tadic betonte, das Europa-orientierte Lager habe die Mehrheit erhalten. Dies sei "ein wichtiges Zeichen an Europa und die Welt". Zugleich unterstrich er den Führungsanspruch seiner Partei. Die DS habe "einen großen Erfolg" erzielt und den höchsten Stimmanteil einer pro-europäischen Partei in Serbien seit der Wahl von 1990 bekommen, sagte Tadic. Sie habe damit "die Führungsposition im 'Block der Demokraten' übernommen" und werde mit der Forderung nach dem Posten des Ministerpräsidenten in die Verhandlungen eintreten. Kostunica sagte, er sei zu Koalitionsverhandlungen bereit, sobald das Endergebnis bekannt sei. Die Frist zur Verkündung läuft am Donnerstag ab.

Zum ersten Mal seit der Abspaltung Montenegros waren am Sonntag in Serbien Parlamentswahlen abgehalten worden. Rund 6,6 Millionen Wahlberechtigte waren aufgerufen, über die Neubesetzung der 250 Mandate im Belgrader Parlament zu entscheiden. Die Wahlbeteiligung lag eine Stunde vor Schließung der Wahllokale bei 56,7 Prozent.

Belastungsprobe Kosovo

Zu einer Belastungsprobe für eine zukünftige Koalition in Serbien könnte die Statusfrage des Kosovo werden, die auch schon den Wahlkampf beherrschte. UN-Vermittler Martti Ahtisaari wird vermutlich am 26. Januar seinen Vorschlag zum zukünftigen Status des nach Unabhängigkeit strebenden serbischen Provinz vorstellen. Dieser Termin wurde auf einen Zeitpunkt nach den Wahlen verschoben, um den Ultranationalisten nicht zusätzlichen Auftrieb zu verschaffen. Tadic äußerte am Sonntag bereits Befürchtungen hinsichtlich Ahtisaaris Vorschlag: "Ich bin ein realistischer Mensch. Ich habe den Prozess analysiert und erwarte nicht, dass der Bericht sehr positiv für Serbien sein wird."

Mit einer möglichen Krise im Kosovo wollen sich EU und Nato in Brüssel beschäftigen. Sollte es dort in Folge der Parlamentswahl in Serbien am Sonntag zu neuen Unruhen kommen, wären beide als Hauptakteure gefragt. Eine Entscheidung zum weiteren Vorgehen der EU wird allerdings erst bei der Sitzung des Ministerrates am 12. Februar erwartet. (tso/AFP/dpa)

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