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Frankreich drängt auf mehr Überwachung in der Europäischen Union - auch an Bahnhöfen. In Frankreich herrscht zurzeit die höchste Terrorwarnstufe. Hier patrouillieren Soldaten am Gare du Nord in Paris.

© Etienne Laurent/dpa

Sicherheit in Zügen: Europa auf dem Weg zum Überwachungsstaat

Nach dem versuchten Thalys-Attentat drängen einige Länder auf mehr Überwachung. Europas Freiheit ist in Gefahr, meint unsere Brüssel-Korrespondentin.

Das höchste Gut Europas ist bedroht. Wann immer ein mutmaßlicher Terrorist, wie im Falle des vereitelten Attentats in einem Thalys-Schnellzug am vergangenen Wochenende, uns aus dem Gefühl der Sicherheit reißt, bringt er auch unsere Freiheit in Gefahr.

Das Attentat auf die Redaktion des Satiremagazins „Charlie Hebdo“ und einen jüdischen Supermarkt in Paris hat zu neuen Abhörgesetzen in Frankreich geführt. An diesem Wochenende berieten die Innen- und Verkehrsminister einiger EU-Staaten, die EU-Kommission sowie die Schweiz über verstärkte Sicherheitsmaßnahmen in internationalen Zügen. Und obwohl sie sich über das Ausmaß nötiger Überwachung nicht einig wurden, wird sich das Netz weiterer Kontrollen und Datenerhebungen wohl weiter verdichten.

Die Deutschen warnen von Bahnhofskontrollen, Frankreich ist dafür

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrinth hat recht, wenn er sich gegen Sicherheitszonen für Bahnhöfe wehrt. Frankreich, wo seit Jahresbeginn die höchste Terrorwarnstufe gilt, hält „koordinierte Kontrolloperationen auf ausgewählten Verbindungen“ hingegen für „unverzichtbar“, wie es Innenminister Bernard Cazeneuve formulierte. Doch hätten solche Aktionen den 25-Jährigen, der in den Thalys von Amsterdam nach Paris stieg, aufhalten können?

Die Schlagbäume, die mit der Schaffung des Schengenraums geöffnet wurden, dürfen nicht in Form von grenzkontrollartigen Zuständen an Bahnhöfen zurückkehren. Es wäre ein falsches Zeichen – eines der Kapitulation. Denn damit hätten die Terroristen ihr Ziel erreicht: Europa in Angst und Schrecken zu versetzen.

Ein neuer Vorschlag zur Vorratsdatenspeicherung wird vorbereitet, die Fluggastdatenspeicherung kommt

Die Lösung liegt stattdessen in einer engeren Zusammenarbeit. Europa muss sich besser vernetzen – das Misstrauen, das immer noch zwischen den verschiedenen Geheimdiensten herrscht, beiseitelegen, das Schengeninformationssystem SIS besser nutzen. Bei ihrer Bekämpfung darf es dennoch nicht darum gehen, ständig noch mehr Daten eines jeden EU-Bürgers zu versammeln. Denn die Anschläge in New York, Washington, Madrid, London und Paris konnten nicht wegen zu weniger Informationen verhindert werden. Sondern wegen ihrer schlechten Aufarbeitung. Die EU plant nun dennoch ein neues Konzept für die Vorratsdatenspeicherung, und auch die Fluggastdatenspeicherung soll kommen. Damit läuft diese Union Gefahr, einen Überwachungsstaat zu schaffen.

Mirjam Moll

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