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Sicherheit: Offene Fragen nach den Festnahmen

Die Bundesanwaltschaft ermittelt auch nach der Verhaftung des zweiten Kofferbombers gegen mögliche Hintermänner.

Düsseldorf - Die Schlinge um Dschihad Hamad hatte sich zuletzt enger und enger zugezogen - bis der Fahndungsdruck am Donnerstag offenbar zu groß wurde. Dass sich der mutmaßliche Bombenleger schon kurz nach Ausweitung der Fahndung selbst der Polizei im Libanon stellte, gilt als großer Erfolg der Sicherheitsbehörden. Dennoch sieht die Bundesanwaltschaft nach der Festnahme auch des zweiten Verdächtigen überhaupt keinen Grund, Entwarnung zu geben. Vielmehr werde die Suche nach möglichen weiteren Mitgliedern einer terroristischen Vereinigung in Deutschland "mit Hochdruck" fortgesetzt, betonte Rainer Griesbaum, Abteilungsleiter Terrorismus bei der Karlsruher Behörde.

Denn auch nach der Verhaftung des 20-jährigen Hamad werfen die Hintergründe der fehlgeschlagenen Attentate auf zwei Regionalzüge noch viele Fragen auf. Hatten die beiden inhaftierten Verdächtigen Helfer? Handelten sie womöglich sogar auf Anweisung einer straff organisierten Terrorgruppe? Die Bundesanwaltschaft jedenfalls ermittelt laut Griesbaum "weiterhin gegen eine Gruppierung, die die Voraussetzung einer terroristischen Vereinigung erfüllt". Damit lassen die Behörden ausdrücklich die Möglichkeit offen, dass Hamad und der bereits am Samstag in Kiel festgenommene 21-jährige Youssef Mohamad El Hajdib nicht allein gehandelt haben.

So dürften erst die weiteren Ermittlungen ergeben, ob die beiden Libanesen in ein wie auch immer geartetes Terror-Netzwerk in Deutschland eingebunden waren. Weitere Aufschlüsse erhofft sich die Bundesanwaltschaft von den bevorstehenden Vernehmungen Hamads, zu denen ein Bundesanwalt noch am Donnerstagabend in den Libanon reisen wollte. Der Terrorismusexperte Rolf Tophoven geht davon aus, dass den Behörden mit den beiden Festnahmen ein Fahndungserfolg gegen eine "Klein- oder Kleinstgruppe" gelungen ist. Dass sich Hamad den Behörden im nordlibanesischen Tripoli selbst stellte, wertete Tophoven als Beleg dafür, dass die beiden mutmaßlichen Kofferbomben-Attentäter offenbar nicht dem "harten Kern des militanten Extremismus" zuzurechnen seien.

Fahndungsdruck zwang zweiten Täter zur Aufgabe

"Top-Terroristen stellen sich nicht freiwillig", sagte Tophoven. Ein solches Vorgehen stütze vielmehr die These, dass es sich um einen "Individualtäter" handeln könne, der sich selbst radikalisiert habe. Die Bundesanwaltschaft verwies allerdings darauf, die Festgenommenen könnten durchaus einer Gruppierung angehören, die sich zu den Anschlägen nicht bekennt. Zugleich gab Griesbaum zu bedenken, es gebe auch "Top-Terroristen, die sich im Laufe der Ermittlungen gestellt haben".

Im übrigen gehen die Karlsruher Ankläger davon aus, dass letztlich die intensivierte Fahndung Hamad zur Aufgabe gezwungen hat. Erst am Mittwoch hatte der Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof Haftbefehl gegen den zu dieser Zeit noch Flüchtigen erlassen. Neben Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung werfen die Behörden Hamad wie auch seinem mutmaßlichen Komplizen vielfachen Mordversuch und versuchtes Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion vor. Außerdem verstärkte das Bundeskriminalamt nochmals die Fahndung durch die Veröffentlichung weiterer Plakate mit einem neuen Foto des 20-Jährigen. Für Griesbaum war daher klar, dass sich Hamad am frühen Donnerstagmorgen "offenbar unter dem Fahndungsdruck nach der Öffentlichkeitsfahndung" den libanesischen Behörden stellte. (Von Richard Heister, AFP)

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