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Sicherheitslücken: Welche Technologien uns schützen sollen

Mit dem Fund der Paketbomben aus dem Jemen ist deutlich geworden, dass es bei den Sicherheitskontrollen Lücken gibt. Welche Technologien kommen derzeit zum Einsatz und was ist noch geplant?

Durch welche Sicherheitstechnologie der Test-Sprengsatz am Flughafen im namibischen Windhuk entdeckt wurde, konnte das Bundesinnenministerium am Freitag nicht sagen. Die gute Nachricht, bei aller anfänglichen Überreaktion: Das Sicherheitsnetz hat gehalten. Dieses Mal. Bei den kürzlich gefundenen funktionsfähigen Bomben in zwei Frachtflugzeugen aus dem Jemen am 28. und 29. Oktober haben die Systeme nicht funktioniert. Bei der Durchsuchung des Frachtraums waren die Sicherheitskräfte nicht fündig geworden – erst nach einem konkreten Hinweis entdeckten sie die in Druckerpatronen versteckten Sprengsätze.

Allgemein herrscht Einigkeit darüber, dass es bei den Luftfrachtkontrollen Modernisierungsbedarf gibt. Die übliche Röntgentechnologie, mit der Pakete und Container durchleuchtet werden, sei eine „Technik der siebziger Jahre“, sagt Dirk Rondeshagen, Physiker am Institut für Umwelttechnologien (IUT) in Berlin- Adlershof. Uwe Ewert von der Bundesanstalt für Materialprüfung (Bam) bestätigte das: Damals habe man sich darauf konzentriert, Schmuggel zu bekämpfen. Heute liege der Fokus auf Sicherheit. Die Technik funktioniere – aber die Geräte müssten inzwischen nicht nur illegale Zigaretten oder Drogenpakete erkennen können, sondern auch kleine Mengen Sprengstoff. Dafür müsse die Technik weiterentwickelt werden, sagt Ewert.

Gegenwärtig prüft ein vom Bundesinnenministerium geleiteter Arbeitskreis aus Vertretern verschiedener Behörden und Ministerien zusätzliche Kontrollmöglichkeiten für das Frachtgeschäft. Zudem wird an verschiedenen Stellen an der Verbesserung der Sicherheitstechnik gearbeitet, darunter am Bam, an der Universität Innsbruck, oder auch im Flughafensicherungssystem „Fluss“ im Rahmen des Sicherheitsforschungsprogramms der Bundesregierung.

Im Passagierflug sind die Methoden bereits weiter entwickelt. Neben den etablierten Metalldetektoren und Handsonden werden in der Personenkontrolle seit kurzem auch die Ganzkörperscanner getestet, auch als „Nacktscanner“ bekannt. Zur Abwendung von Epidemien wie Sars, Vogelgrippe oder aktuell Cholera werden zudem an vielen Flughäfen Infrarotkameras eingesetzt, die die Körpertemperatur der Fluggäste messen – Reisende mit Fieber kommen dann in Quarantäne.

Handgepäck wiederum wird geröntgt. Die inzwischen üblichen Geräte an Flughäfen liefern gleich auch eine farbcodierte Materialanalyse, erläutert Ewert. Blau steht hier für Metall, Grün für Leder und Glas, organische Stoffe sehen gelb oder orange aus. Gefahrstoffe haben eigene – geheime – Farben. Die Analyse sei relativ grob, aber: „Wir können heute problemlos ein Stück Käse von einem Stück Plastiksprengstoff unterscheiden“, sagt Ewert. Bei Verdacht werde eine Wischprobe genommen und in einem Analysegerät auf Sprengstoffspuren untersucht. Hier gebe es allerdings das Problem, dass Landwirte oft Fehlalarm auslösten – einige Düngemittel werden als Sprengstoffe interpretiert. Reisegepäck wiederum wird zurzeit auf einigen Flughäfen mit Röntgenspektrometern untersucht, die eine sehr genaue Identifizierung von Sprengstoffen ermöglichen.

Auf Flughäfen in Nordamerika und Großbritannien sind zudem Gasdetektoren im Einsatz. In ihnen werden Passagiere mit Luft abgepustet, dann wird die Luft gesammelt und auf eventuelle Sprengstoffpartikel untersucht. In Deutschland gehört diese Technologie noch nicht zum Standard. Das IUT hat ein eigenes solches „Portal“ zur Personenkontrolle entwickelt, das Produkt ist allerdings noch nicht marktfähig. „Wer eine Bombe unterm Jackett trägt, der hat auch außen Spuren“, sagt Physiker Rondeshagen. Uwe Ewert weist jedoch darauf hin, dass es durchaus möglich sei, auch mit einer Bombe am Körper unbemerkt durch ein solches Gerät zu kommen, „wenn man extrem sauber arbeitet“.

Ein Hauptproblem ist nach Meinung Rondeshagens, dass die gegenwärtig üblichen Kontrolltechniken die Stoffe, die sie detektieren, nicht eindeutig identifizieren können. „Ich sehe nur: Der hat was Auffälliges im Koffer.“ Die Farbcodierung auf den Bildschirmen hält er für nicht ausreichend, bisweilen seien die Geräte sogar machtlos. Plastiksprengstoff beispielsweise, der gleichmäßig verteilt als Schuheinlage oder im Kofferfutter transportiert wird, werde gegenwärtig überhaupt nicht erkannt. Denn beim Röntgen fallen keine verdächtigen Konturen auf – und Metall enthält der Stoff auch nicht. Zwar könnten manche Geräte zumindest Flüssigkeiten als solche erkennen. „Aber ob das nun eine Flasche Frascati-Wein oder selbst hergestellter Flüssigsprengstoff ist, weiß ich nicht“, sagt Rondeshagen. Diese Unsicherheit erhöhe die Gefahr von Fehlalarmen.

Für Fluggäste, die zurzeit kein Mineralwasser oder Shampoo mehr im Handgepäck transportieren dürfen, wäre eine Technologie, die Flüssigsprengstoff zuverlässig detektiere, eine Erleichterung. Ewert zufolge testet die für Personenkontrollen an Flughäfen zuständige Bundespolizei erste Geräte für Flüssigkeiten. Auch das IUT hat eine Technologie zur Detektion von Flüssigsprengstoff entwickelt. Der „Bottlescanner“ beschießt Flaschen, Dosen oder Thermoskannen mit Neutronen – und erstellt aufgrund der entstehenden Reaktionen ein eindeutiges chemisches Profil des Inhalts. Auch dieses Gerät existiert allerdings bisher nur als Prototyp.

Mittelfristig ist es Rondeshagens Vision, den Flaschenscanner in die bereits jetzt eingesetzten Handgepäck-Röntgentunnel zu integrieren. Denn, und hier ist er sich wieder mit Ewert einig: Je mehr verschiedene Technologien bei der Sprengstoffsuche angewendet würden, desto größer seien die Chancen, fündig zu werden.

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