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Politik: Sicherheitsrat streitet über Syrien

Eine Resolution soll Damaskus zur Zusammenarbeit im Mordfall Hariri bewegen – Moskau ist dagegen

Geduldig warteten der Herr mit dem WalrossBart und sein kleiner Nebenmann mit der Silbertolle, bis sie an der Reihe waren. Dann schritten der amerikanische UN-Botschafter John Bolton und sein französischer Kollege Jean-Marc de la Sabliere Seite and Seite ins Scheinwerferlicht. Die erste Frage danach, wie eng die beiden Länder zusammenstünden in der Diskussion, ob der Weltsicherheitsrat scharfe Sanktionen gegen Syrien beschließen sollte, parierte Bolton mit den Hinweis: „Sehr eng, das sehen sie doch.“ Aber wie so oft zeigen die offiziellen Bilder nur die halbe Wahrheit. Während die Amerikaner auf eine schnelle Bestrafung des Regimes in Damaskus dringen, ist Frankreich zurückhaltender, um die internationale Unterstützung in dem Fall nicht zu verlieren.

Der Bericht des deutschen Sonderermittlers Detlev Mehlis zu dem Mord an dem libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri am Dienstag im Weltsicherheitsrat in New York zeigte, dass der Fall noch lange nicht abgeschlossen ist. Er erwarte, dass auch nach dem 15. Dezember, wenn die Arbeit seiner UN-Kommission endet, noch viele Fragen offen sein werden, sagte Mehlis. Er hoffe, dann sei die libanesische Regierung in der Lage, alleine weiterzumachen. Der Berliner Oberstaatsanwalt forderte Damaskus auf, selbst Ermittlungen anzustellen, wer Hariri und weitere 22 Menschen im Februar ermordet hatte.

Alles deute darauf hin, dass die Spuren bis in die syrische Regierung führten, bekräftigte Mehlis. Ein Vorwurf, den der syrische UN-Botschafter Fayssal Makdad scharf zurück wies. Er warf Mehlis vor, politisch motivierte Schlüsse aus den Ergebnissen seiner Ermittlungen zu ziehen. Er bestritt zudem, dass sich Regierungsmitglieder geweigert hätten, mit der UN-Kommission zu sprechen. Mehlis reagierte auf die Vorwürfe gelassen. „Es steht jedem frei, unseren Bericht kritisch zu betrachten. Das hätte ich an seiner Stelle auch getan.“ Seine Kommission habe jedoch unabhängig und äußerst sorgfältig gearbeitet. Nun ist es am Weltsicherheitsrat zu entscheiden, ob Sanktionen gegen Damaskus die richtige Antwort sind. Während Washington auf eine unnachgiebige Reaktion drängt, bremsen vor allem die Veto-Mächte Russland und China. Zu Wochenbeginn hatten die USA, Frankreich und Großbritannien versucht, die übrigen zwölf Mitglieder des Gremiums zu einem einheitlichen Handeln zu bewegen, waren jedoch nicht weit gekommen. Statt wie ursprünglich geplant die Außenminister einfliegen zu lassen, um der Sitzung mehr Gewicht zu geben, traf sich der Weltsicherheitsrat am Dienstag nur wie üblich auf der Ebene der Botschafter.

US-Präsident George W. Bush steuerte von außen starke Rhetorik bei. „Die Vereinten Nationen müssen handeln und die syrische Regierung für ihre Unterstützung des Terrorismus und ihre Beteiligung am Hariri-Mord zur Verantwortung ziehen“, sagte er in Washington. Doch am UN-Hauptsitz in New York sieht es so aus, als würde der Fall die Botschafter noch eine ganze Weile beschäftigen. „Konsequenzen wird es erst nach dem 15. Dezember geben“, vermutete der deutsche UN-Botschafter Gunther Pleuger, „es wäre zu früh, vorher ein Fazit zu ziehen.“

Die Bandbreite einer Resolution reicht von einer öffentlichen Rüge bis zu Wirtschaftssanktionen und der Forderung, dass die Verantwortlichen für das Mordkomplott an ein internationales Tribunal ausgeliefert werden. Für Letzteres ist die Beweislage bislang zu dünn, meint Mehlis. „Die Leute im Libanon haben gelernt damit zu leben, dass es noch Jahre dauern kann, bis die Schuldigen verurteilt sind“, sagte er. Legt Washington nicht ebenso viel Geduld an den Tag, bleibt im Augenblick nur ein Alleingang – trotz aller Inszenierungen.

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