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Politik: „Sie müssen sich ja nicht lieben“

Der SPD-Außenpolitiker Hans-Ulrich Klose über Schröder, Bush und einen möglichen Neuanfang

Was kann die Bundesregierung nach dem Wahlsieg von USPräsident George W. Bush für die Verbesserung des deutsch-amerikanischen Verhältnisses tun?

Beide Seiten müssen etwas tun. Wir brauchen neue Verhaltensweisen und neue Strukturen. Mein Rat wäre, uns konkrete Felder zu suchen, auf denen wir operativ zusammenarbeiten können, um daraus neue Bindungen zu entwickeln. Wichtig ist aber, dass der Wille zu mehr Kooperation mit Europa in Washington nicht nur aus taktischen Erwägungen wächst, weil es Schwierigkeiten im Irak gibt, sondern dass verstanden wird, dass sich Krisen nur gemeinsam langfristig und erfolgreich lösen lassen.

Warum sollte Bush in einer zweiten Amtszeit mehr mit Europa zusammenarbeiten?

Ich bin kein Pessimist. Im Weißen Haus wie im US-Kongress wird bereits von einer Revitalisierung der Nato gesprochen. Ich hoffe, dass das ernst gemeint ist. Die Europäer sollten das testen und das Thema Kooperation auf die Tagesordnung des Nato-Rates setzen.

Gibt es trotz des belasteten Verhältnisses zwischen Bundeskanzler Schröder und Präsident Bush die Chance für einen echten Neuanfang?

Generell wird das Verhältnis zwischen Deutschland und den USA auf lange Zeit nicht mehr so sein wie zu Zeiten des Kalten Krieges. Das liegt aber nicht am Streit um den Irakkrieg, sondern am Bedeutungsverlust von Deutschland für die Vereinigten Staaten. Wir sind kein Frontstaat mehr, deshalb ist das amerikanische Interesse geschrumpft. Was das persönliche Verhältnis des Kanzlers zu Bush angeht: Sie müssen sich ja nicht lieben, und sie werden auch in Zukunft nicht dauernd Händchen halten. Beide Regierungen kennen sich inzwischen. Übermäßige Erwartungen können deshalb nicht aufkommen, also auch keine großen Enttäuschungen. Das wäre bei einer Wahl Kerrys womöglich anders gewesen. Er hätte wahrscheinlich ein Engagement deutscher Soldaten im Irak eingefordert, was die deutsche Regierung abgelehnt hätte.

Bei etlichen Deutschen ist Bush regelrecht verhasst. Besteht die Gefahr, dass dies in eine generelle Ablehnung Amerikas umschlägt?

Das ist meine größte Sorge. Aus der extremen Anti-Bush-Stimmung könnte eine Anti-Amerika-Stimmung werden.

Hat die Bundesregierung zu diesen Stimmungen beigetragen?

Sie hat sie jedenfalls ermöglicht, indem sie den Irakkrieg zum Wahlkampfthema gemacht hat. Schröder und Fischer wollten sicher keinen Antiamerikanismus schüren. Aber sie mussten wissen, dass ihr Verhalten derartige Tendenzen in der Bevölkerung befördern würde – und sie haben es in Kauf genommen.

Das Gespräch führte Stephan Haselberger.

Hans-Ulrich Klose (67) ist stellvertretender Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages. In den 90er Jahren war er unter anderem Chef der SPD-Bundestagsfraktion.

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