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Simbabwe

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Simbabwe: Betrug vorausgesetzt

Hungernde Millionäre: Das Geld der Menschen in Simbabwe ist kaum noch etwas wert, Robert Mugabe regiert das Land zugrunde. Die Opposition ist sich sicher: Er kann die Wahl nur stehlen, nicht gewinnen.

In Simbabwe wird ein Präsident gewählt. In einem Urnengang, der nach Meinung der Opposition mit fairen und freien Wahlen nichts gemein hat. Ginge es in Simbabwe mit rechten Dingen zu, dann wäre Robert Mugabe wohl schon bei der letzten Präsidentschaftswahl vor sechs Jahren abgewählt worden. Doch der 84-Jährige will offenbar im Amt sterben. Mit gutem Grund: Mugabe fürchtet, dass ihm, genau wie dem liberianischen Diktator Charles Taylor, bei einem Machtverlust womöglich ein Prozess vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag droht. Gründe für eine Anklage wegen „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ gäbe es genug. Besonders gravierend schlagen dabei die Massaker im Matabeleland zu Buche. Als es dort 1982 zu Unruhen kam, schickte Mugabe seine von Nordkoreanern ausgebildete 5. Brigade. Über 20 000 Menschen kamen dabei ums Leben und wurden in offene Minenschächte geworfen.

Weite Bevölkerungskreise haben Mugabe aber auch nie verziehen, vor drei Jahren aus Angst vor einem Aufstand der Armen zahlreiche Elendsviertel in den städtischen Gebieten willkürlich plattgewalzt zu haben. Eine Million Menschen wurden damals mitten im Winter obdachlos, Tausende starben an den Folgen. Mugabe führt einen Krieg gegen das eigene Volk, allen voran gegen die oppositionelle „Bewegung für einen demokratischen Wandel“ (MDC) um den früheren Gewerkschaftsführer Morgan Tsvangirai. Über ein Drittel der einst 13 Millionen Simbabwer sind in den letzten acht Jahren vor seiner Schreckensherrschaft ins Ausland geflohen. Die Lebenserwartung in Simbabwe ist seit 1994 von 56 auf 35 Jahre gefallen. Rund 3 500 Menschen sterben dort jede Woche an den Folgen von HIV/Aids, Armut und Unterernährung. Und das in einem Land, das einst als Modell für ganz Afrika galt.

Mugabe kämpft um sein politisches Überleben und hält mit allen Mitteln an der Macht fest. Medien in Harare berichten fast ausschließlich über dessen Regime. Die Wahlkommission leitet einer von Mugabes engsten Freunden. Völlig unzuverlässige und unvollständige Wahllisten diskreditieren den Urnengang. Sie enthalten offenbar erneut die Namen Hunderttausender fiktiver Wähler. Der Versuch der MDC, die Listen einzusehen, blieb bis heute erfolglos.

Die Wahlbezirke haben Mugabe und seine Zanu PF so gezogen, dass die Gebiete auf dem Lande überproportional viele Sitze erhalten. Traditionell hat Mugabe dort die größte Unterstützung. Im Gegensatz dazu gibt es in den Städten, wo die Opposition besonders stark ist, nicht nur weniger Sitze, sondern auch viel zu wenig Wahllokale, was die auf einen Tag begrenzte Stimmabgabe stark verzögern dürfte. Die vier Millionen, vor Mugabe geflohenen Simbabwer, haben kein Wahlrecht erhalten. Die US-Menschenrechtsgruppe Human Rights Watch wirft Harare massive Wählerbestechung vor. Zudem verweigere das Regime Anhängern der Opposition staatliche Lebensmittellieferungen. Und Wahlbeobachter hat Mugabe nur aus jenen Ländern zugelassen, die „Simbabwe freundlich gesonnnen sind".

Eine völlig ungleiche Ausgangslage, bei der kaum ins Gewicht fällt, dass sich die Oppositionskandidaten im Vorfeld der Wahl erstmals in die Mugabe-Hochburgen auf dem Lande vorwagen konnten. Überhaupt verlief der Wahlkampf diesmal vergleichsweise friedlich. Verantwortlich dafür sind vor allem starke Spannungen im Regierungslager. Angesichts der katastrophalen Wirtschaftslage stehen weder Polizei noch Armee geschlossen hinter dem Regime. Ein Indiz dafür ist die Kandidatur eines einstigen engen Vertrauten des Dikators. Simba Makoni ist der erste, der Mugabe aus den eigenen Reihen herausfordert. Dieser dürfte alles daran setzen, die 50-Prozent-Hürde schon in der ersten Wahlrunde zu nehmen. Trotz bereits im voraus gefüllten Wahlurnen, die Mugabe einen Vorsprung von mindestens 20 Prozent garantieren, ist ihm die absolute Mehrheit aufgrund des rasanten wirtschaftlichen Niedergangs alles andere als gewiss. Falls keiner der drei Hauptbewerber auf Anhieb eine absolute Mehrheit erringt, wird der Präsident in einer Stichwahl am 19. April gekürt.

Dass Mugabe jemals an der Wahlurne geschlagen wird, glauben die wenigsten Experten. Entscheidend für seinen Sturz werde vor allem der Zusammenbruch der Wirtschaft sein. Die Inflation ist völlig außer Kontrolle und liegt derzeit bei über 150 000 Prozent. Bis zur Jahresmitte wird sie sich mindestens verdoppeln. Der Kollaps scheint unmittelbar bevorzustehen. Selbst ein getürkter Wahlsieg würde Mugabe keine Atempause verschaffen. Simbabwe steht einer beispiellosen Wirtschaftskrise gegenüber, die das Land nur deshalb noch nicht zum Einsturz gebracht hat, weil viele zunächst den Ausgang der Wahl abwarten wollen. Der beschleunigte Niedergang des Landes dürfte Mugabe nun dazu zwingen, eine Einigung mit der internationanlen Gemeinschaft zu suchen. Zunächst bleibt jedoch abzuwarten, wie die Menschen in Simbabwe auf die Aussicht reagieren, womöglich weitere fünf Jahre unter dem Regime Mugabes zu leben. Die Aussicht auf ein noch längeres Leiden könnte die reformbereiten Kräfte in der Zanu veranlassen die Seiten zu wechseln. Denn selbst in der Regierungspartei bekommen viele die wirtschaftliche Notlage des Landes immer stärker zu spüren.

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