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Politik: Skinhead-Prozess: Endlich ein klares, schnelles Verfahren (Leitartikel)

So schnell geht es sonst meistens nicht: Wenn heute in Halle die drei Skinheads verurteilt werden, die in Dessau den Mozambikaner Alberto Adriano zu Tode geprügelt haben, sind seit der Tat nicht einmal zwölf Wochen vergangen. Nicht zum ersten Mal, aber im Gegensatz zu vielen Prozessen gegen rechtsextreme Gewalttäter, hat die Justiz ein klares Zeichen gesetzt: Auf das rassistische Verbrechen folgt eine rasche Bestrafung.

Von Frank Jansen

So schnell geht es sonst meistens nicht: Wenn heute in Halle die drei Skinheads verurteilt werden, die in Dessau den Mozambikaner Alberto Adriano zu Tode geprügelt haben, sind seit der Tat nicht einmal zwölf Wochen vergangen. Nicht zum ersten Mal, aber im Gegensatz zu vielen Prozessen gegen rechtsextreme Gewalttäter, hat die Justiz ein klares Zeichen gesetzt: Auf das rassistische Verbrechen folgt eine rasche Bestrafung. Die außerdem hart sein dürfte. Damit haben der Generalbundesanwalt, der das Verfahren gleich nach dem Tode Adrianos an sich zog, und das in Halle verhandelnde Oberlandesgericht Naumburg das Bestmögliche getan. Ohne den Verdacht zu erwecken, von einer heftigen Mediendebatte über braune Gewalt getrieben zu werden. Die Justiz hat einfach konsequent gehandelt. Das hätte sie in den letzten zehn Jahren weit häufiger tun können und müssen.

Schnelle Aufklärung, unmissverständliche Strafen und eine klare Benennung der menschenverachtenden Tätermotive - so lautet der Beitrag, den die Justiz bei der Bekämpfung von Rassismus und Rechtsextremismus leisten kann. Mehr vermag sie nicht, etwas anderes sollte auch nicht verlangt werden. Wer eine Verschärfung von Gesetzen und Strafprozessordnung fordert, nähert sich dem autoritären Denken der Milieus, die in die Schranken gewiesen werden sollen. Sinnvoll erscheint vielmehr, Staatsanwälte und Richter würden das Hallenser Verfahren genau studieren. Damit die Widersprüchlichkeit der bisher an die rechte Szene gesandten Signale verringert wird.

Der "Hetzjagd-Prozess" beispielsweise, an dem sich das Cottbuser Landgericht seit fast 15 Monaten abmüht, dämpft schon aufgrund seiner Dauer die Wirkung positiver Signale. Die elf Angeklagten, die im Februar 1999 in Guben den Algerier Farid Guendoul in den Tod getrieben haben sollen, lassen denn auch kein Unrechtsbewusstsein erkennen. Einige haben sich sogar an der Schändung des Gedenksteins für Guendoul und an anderen rechten Provokationen beteiligt. Es ist kaum zu erwarten, dass diese Heranwachsenden und die lokale Szene jetzt noch durch das Beispiel eines schnellen Prozesses zu beeindrucken sind.

In Dessau hingegen scheint die rechte Szene die Haltung ernst zu nehmen, die Politik und Justiz sowie Teile der Bevölkerung nach Adrianos Tod demonstriert haben. Das kleine Mahnmal am Tatort im Stadtpark ist bisher noch nicht geschändet worden. Mehr zu erwarten als diese "Zurückhaltung" ist vielleicht auch unrealistisch. Neonazis und Skinheads, nicht nur in Sachsen-Anhalt, prügeln weiter oder warten allenfalls ab, was von der seit dem Dessauer Verbrechen so intensiv geführten Mediendebatte zu befürchten ist. Das Verfahren in Halle, die Diskussion über ein Verbot der NPD - ein Teil der Szene scheint verunsichert zu sein, doch in den kahlen Köpfen hat sich nichts verändert. Dafür reichen die Signale nicht aus, so deutlich sie sein mögen. Doch sie sind hoffentlich erste Anzeichen einer nachhaltigen Strategie zur Bekämpfung von Rassismus und Rechtsextremismus.

Diese müsste zuerst dazu beitragen, die Gefahr für potenzielle Opfergruppen wie Ausländer, Linke, Punks, Obdachlose, Juden, Behinderte, Homosexuelle, Sinti, Roma und andere einzudämmen. Dazu sind unkonventionelle Ideen notwendig. In Schweden gibt es ein Aussteigerprogramm, das Neonazis den sicheren Abschied von der rachsüchtigen Szene bietet. Wenn in der Bundesrepublik für ein solches Projekt nur ein Teil der Summen abgezweigt würden, die der fragwürdigen "akzeptierenden Jugendarbeit" mit Rechten zufließen, könnte die Szene weiter verunsichert werden.

Zu einer nachhaltigen Strategie gehört auch eine Analyse der Zustände, die nicht mit schnellen Prozessen und Programmen zu ändern sind. Zwei der drei Angeklagten in Halle stammen aus Wolfen-Nord, einem Plattenbauviertel mit 35 Prozent Arbeitslosigkeit. Angesichts der Verelendung wird Gewalt hier eine Alltagserscheinung bleiben. Dennoch ist das Signal aus Halle ermutigend: Der Staat ist bereit, stärker als bislang zu demonstrieren, dass rechtsextreme Gewalt nirgendwo toleriert wird, so verheerend die sozialen Verhältnisse auch sein mögen. Das sollten sich die Schläger und ihre Sympathisanten merken.

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