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Soldatenausrüstung: Mängelliste der Bundeswehr

Die Bundeswehr ist für ihren Einsatz am Hindukusch offenbar schlecht gerüstet. Der Kommandeur des deutschen Isaf-Einsatzkontingents in Afghanistan, Brigadegeneral Jörg Vollmer, bemängelt Ausbildung und Ausrüstung deutscher Soldaten.

Von Michael Schmidt

Berlin - Die Bundeswehr ist für ihren Einsatz am Hindukusch offenbar schlecht gerüstet. Der Kommandeur des deutschen Isaf-Einsatzkontingents in Afghanistan, Brigadegeneral Jörg Vollmer, bemängelt Ausbildung und Ausrüstung deutscher Soldaten. In einem internen Erfahrungsbericht von Ende August, also zwei Wochen vor dem umstrittenen Luftschlag gegen zwei entführte Tanklastfahrzeuge mit vielen Toten, klagt der Kommandeur über mangelnde Mobilität, zu wenig gepanzerte Fahrzeuge, Lufttransportkapazitäten und unzureichenden Nachschub, „um alle übertragenen Aufgaben zu erfüllen“. Mit den momentanen Kräften sei „eine sofortige und raumgreifende Lageverbesserung“ in der Region nicht zu erzielen. Eine Aufstockung der Truppen rund um Kundus, wo es immer wieder zu Anschlägen komme, sei unumgänglich.

Konkret spricht Vollmer von der zusätzlichen Stationierung von mindestens einer Kompanie Infanterie, um so „die Initiative wiederzuerlangen“. Eine Kompanie besteht aus etwa 150 Soldaten. Das Verteidigungsministerium teilte mit, die Forderung werde „sehr sorgfältig geprüft und bewertet“. Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold dagegen erteilte der Forderung nach mehr Personal eine Absage, es sei „schlicht utopisch“, in einem Land von der Größe Afghanistans „in der Fläche präsent zu sein“.

In einem Bericht des ZDF-„Auslandsjournals“ hieß es, die gepanzerten Fahrzeuge der Bundeswehr, zum Beispiel das Transportfahrzeug Dingo, seien nicht voll geländetauglich. „Durch die alleinige Bindung an das Straßen- und Wegenetz“ seien die Fahrten der Soldaten des Wiederaufbauteams „aufklär- und berechenbar“. Im Einsatz habe dies zur Folge, dass die Taliban die deutschen Soldaten sehr leicht entlang der wenigen Straßen angreifen könnten. Außerdem hätten sie die Möglichkeit, sich in schwer zugängliche Regionen zurückzuziehen, ohne befürchten zu müssen, von der Bundeswehr am Boden verfolgt zu werden. Zudem stünden zu wenige gepanzerte Fahrzeuge und kaum Hubschrauber zur Verfügung. Das Verteidigungsministerium wies darauf hin, dass die Zahl gepanzerter Fahrzeuge in den ersten neun Monaten 2009 um 100 auf insgesamt 875 erhöht worden sei und weiter erhöht werde. Arnold sagte, „je größer der Schutz“ vor Sprengfallen, Minen, direktem Beschuss oder ABC-Kampfmitteln sei, „desto geringer die Beweglichkeit – das ist eine Frage der Physik“. Deshalb gehe die Kritik zum Teil ins Leere.

Dass es beim Fluggerät dringend Ersatz für die zum Teil 40 Jahre alten Transall- Transporter und CH-53-Hubschrauber bräuchte, ist in der Vergangenheit immer wieder festgestellt worden. Der Ruf nach zusätzlichen Helikoptern ist so alt wie der Einsatz. Nur geändert hat sich nicht viel. Was zum Teil daran liegt, dass Lieferanten wie der Rüstungsriese EADS zugesagte Produktions- und Lieferfristen nicht einhalten und neues Fluggerät erst mit jahrelanger Verspätung zur Verfügung stellen. Auf den Militärtransporter A400M etwa muss die Luftwaffe weiter warten.

Probleme bereitet Brigadegeneral Vollmers Bericht zufolge aber auch die mangelhafte Ausbildung der Soldaten. Viele sprächen nur schlecht Englisch. Das erschwere die Zusammenarbeit mit afghanischen Dolmetschern. Und FDP-Verteidigungspolitiker Rainer Stinner moniert, „dass das Training häufig erst in Afghanistan stattfindet“. Handlungssicherheit erwachse aus Routine. Die besten Geräte, die neuesten Fahrzeuge und Kommunikationstechniken würden aber sogleich in den Einsatz geschickt und stünden damit in Deutschland nicht für die Ausbildung zur Verfügung. Das sei „ein unerträglicher Zustand“.

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