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Sonderboni: Immer neue Vorwürfe gegen Tiefensee

Rechnungshof rügt Verkehrsministerium für Kostenexplosion bei Bahnprojekt.

Berlin - Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) hat nicht nur ein Problem mit der Bahn: Denn neben den Bonuszahlungen an den DB-Vorstand wirft auch ein Gutachten des Bundesrechnungshofs zum Projekt „Stuttgart 21“ Fragen an den Minister auf. Nach diesem Gutachten hat das Tiefensee-Ressort nicht nur die Kosten für das umfangreiche Bahnhofsneubauprojekt falsch eingeschätzt. Im Gegensatz zur Darstellung, dass „Stuttgart 21“ vor allem eine Baumaßnahme der Deutschen Bahn AG (und des Landes Baden-Württemberg) sei, sind die Rechnungsprüfer der Ansicht, dass der Bund den Hauptteil der Finanzierung trägt.

Laut Bundesrechnungshof wird „Stuttgart 21“ wesentlich teurer als geplant: Das Gutachten geht von 5,3 Milliarden Euro aus, während das Bundesverkehrsministerium noch im Vorjahr von 2,7 Milliarden sprach. Grund für den Anstieg sind nicht zuletzt erhebliche Kostensteigerungen bei Rohstoffen, etwa Stahl, und im Tunnelbau. Diese Kostensteigerungen hat der Bund aber nicht auf die Planungen übertragen. Und obwohl er laut Rechnungshof die Hälfte der Kosten trägt, findet dies im Bundesetat offenbar keinen exakten Niederschlag. „Täuschung der Öffentlichkeit“ lautet das Urteil des Grünen-Verkehrspolitikers Winfried Hermann. Die Stuttgarter Landesregierung meldete dagegen Zweifel am Rechnungshof-Bericht an.

Das Bundesverkehrsministerium hat von Beginn der Planungen an (also seit 1995) auf die zu erwartenden Erlöse aus Grundstücksverkäufen im Zuge des Projekts verzichtet – zugunsten des Privatisierungkandidaten Bahn AG. Die prognostizierten Erlöse von 1,4 Milliarden Euro fließen nicht – wie laut Rechnungshof sonst üblich – in den Bundeshaushalt und reduzieren damit den Einsatz von Steuermitteln für das Vorhaben, sondern gehen direkt an die Bahn. Und decken deren veranschlagten Anteil am Projekt in Höhe von 1,1 Milliarden Euro locker ab.

Auch im Fall des Schlossfassadenprojekts in Berlin könnte Tiefensee noch Ärger ins Haus stehen: In seinen Haushalt hat er 80 Millionen Euro für die Rekonstruktion der historischen Fassade des Berliner Stadtschlosses eingestellt. Dabei plant Tiefensees Haus – offiziell – fest mit den 80 Millionen, die der private „Förderverein Berliner Schloss“ beisteuern will. Doch der Verein hat große Probleme damit, die Summe zusammenzubekommen; er will Sachleistungen anbieten. Intern geht auch Tiefensee längst davon aus, dass der Bau der Fassade aus der Staatskasse bezahlt werden muss. In einem Dokument des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung, das dem Bauministerium untersteht, heißt es, dass eine finanzielle Hilfe durch den Verein „gegenwärtig nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden“ könne.

Auch dass die Fassade mehr kosten wird, gilt als ausgemacht. Aus einem Vermerk, der dem Tagesspiegel vorliegt, geht hervor, dass man auch Tricks nicht scheute, um dies vor dem zuständigen Haushaltsausschuss zu verschleiern: „Um die Netto-Fassadenkosten in Höhe von rd. 80 Mio. € (…) in der Kostenzuordnung Seite 2 (Drucksache 3437) darzustellen“, heißt es da, „mussten die noch hinzukommenden Anteile Baustelleneinrichtung sowie Indexsteigerung (= 8 .873. 000 €) in der Sammelposition ‚Erschließung, Außenanlagen, Planungskosten‘ untergebracht werden.“

Auf Deutsch: Nur weil fast neun Millionen der tatsächlichen Baukosten in einem anderen Posten versteckt und die Planungskosten von gut 23 Millionen in allgemeinen Kosten verschleiert wurden, war die magische Zahl 80 Millionen Euro, auf der der Haushaltsaussschuss des Bundestags beharrt, überhaupt noch zu halten.

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