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Politik: Sorge um Susanne Osthoff wächst

In Deutschland wächst die Sorge um das Schicksal der im Irak entführten Susanne Osthoff. Nach über einer Woche gibt es noch immer keinen Kontakt zu den Entführern.

Berlin - Auch die Arbeit von Vermittlern im Irak blieb bis zum Sonntag ohne greifbares Ergebnis. Ein erstes Ultimatum der Geiselnehmer lief am Freitag ab, ohne dass eine Verlängerung oder neue Forderungen bekannt wurden. Die Entführer von vier christlichen Menschenrechtsaktivisten im Irak drohten in einer Videobotschaft mit der Ermordung ihrer Geiseln.

In der Bundesregierung stellt man sich zunehmend auf einen längeren Zeitraum bis zu einer Lösung im Entführungsfall Osthoff ein. «Die körperliche Unversehrtheit der Entführten hat absoluten Vorrang», erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Sonntag.

«Bedauerlicherweise ist es uns in der ersten Woche nicht gelungen, mittelbar oder unmittelbar Kontakt zu den Entführern aufzunehmen», sagte Außenminister Frank Walter Steinmeier in Berlin. «Ich gebe zu, wir wären gern weiter als wir sind», fügte er hinzu.

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Nadeem Elyas, könnte sich einen Austausch als Geisel für Osthoff vorstellen. Elyas sagte der «Tageszeitung» (taz): «Für mich kommt alles in Frage, was ihr Leben retten kann.» Er verlangte in einem Schreiben an die diese Woche stattfindende Gipfelkonferenz der islamischen Staaten in Mekka eine Verurteilung der Entführung.

Ebenso wie die islamischen Dachverbände in Deutschland verurteilte die Arabische Liga in scharfer Form die Entführung. Sie sei «unbegreiflich und völlig ungerechtfertigt», betonte Generalsekretär Amre Mussa in Kairo. Bundespräsident Horst Köhler erklärte in Berlin: «Die Gedanken sind in diesen Tagen bei Susanne Osthoff.» Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bekräftigte in der «Bild am Sonntag»: «Die Bundesregierung setzt alles daran, das Leben von Susanne Osthoff und auch das ihres Begleiters zu retten.»

Osthoffs Mutter "fix und fertig"

Die Mutter von Osthoff, Ingrid Hala, sagte der dpa: «Ich muss die Hoffnung aufrechterhalten.» Sie wisse auch nichts Neues und fühle sich machtlos: «Ich bin psychisch und physisch fix und fertig. Ich kann keinen Gedanken mehr fassen.»

Nach Darstellung mehrerer Medien ist das Ultimatum seit Freitag früh verstrichen. Unter Berufung auf Sicherheitskreise hieß es, die Geiselnehmer hätten als Frist drei Tage nach Erstausstrahlung ihrer Video-Botschaft im Fernsehen genannt. Zu ihren Forderungen gehörte nach den Berichten neben der Einstellung der deutschen Zusammenarbeit mit der Führung Iraks und dem deutschen Ausbildungsstopp für einheimische Sicherheitskräfte auch die Schließung der deutschen Botschaft in Bagdad.

Nach Angaben des Magazins «Der Spiegel» setzt die Bundesregierung auf kurdische Vermittler und den sunnitischen Geistlichen Abd al Muneim al Badari, um Verbindung zu den Entführern aufzunehmen. Dem Magazin «Focus» zufolge hat der Krisenstab auch Kurdenführer Massud Barsani eingeschaltet und zum geschiedenen Mann von Susanne Osthoff Kontakt aufgenommen, dessen Beduinen-Clan als einflussreich im Nordirak gilt.

Entführer angeblich "Sturmtruppen der Erdbeben"

Die Entführer nennen sich dem «Spiegel» zufolge «Saraja al Salasil», was übersetzt «Sturmtruppen der Erdbeben» bedeutet. Nach Einschätzung deutscher Experten wird diese Gruppe den im Untergrund kämpfenden sunnitischen «Ischrin-Brigaden» zugeordnet, die als gewaltbreite arabische Nationalisten, aber nicht als internationale Terroristen des Al-Qaida-Netzwerks gelten. Die «Ischrin-Brigaden», die sich nach der Aufstandsbewegung gegen die Briten 1920 benannt haben, kämpfen für die Beendigung der Besatzung und der Abhängigkeit vom Ausland sowie die Errichtung eines freien Irak auf islamischer Grundlage.

Der seit zwei Jahren tätigen Gruppe werden bislang zwei Entführungsaktionen von Ausländern im Irak zugeschrieben, die jeweils mit der unversehrten Freilassung der Geiseln endeten. Im einen Fall wurden acht Angestellte einer chinesischen Firma verschleppt. Nachdem die Regierung in Peking zusagte, keine weiteren Staatsangehörige mehr in den Irak zu schicken, kamen die Männer frei. In dem anderen Fall wurde der gekidnappte türkische Mitarbeiter einer kuwaitischen Transportfirma auf freien Fuß gesetzt, nachdem das Unternehmen den Rückzug aus dem Irak angekündigt hatte.

An mehreren deutschen Orten wurde für die Freilassung von Susanne Osthoff demonstriert. Bei einer Mahnwache im oberbayerischen Glonn brachten die Teilnehmer Mitgefühl für die Entführte und ihren Fahrer zum Ausdruck. Die Archäologin und Hilfsaktivistin lebte vier Jahre in Glonn. (tso/dpa)

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