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Politik: Sozial und verträglich

SPD und Grüne in Bremen beenden Koalitionsgespräche erfolgreich – Parteigremien müssen zustimmen

SPD und Grüne in Bremen haben es fast geschafft: Nach zweieinhalbwöchigen Verhandlungen einigten sie sich am Samstag auf einen Koalitionsvertrag. Das Papier muss jetzt nur noch von einem SPD-Landesparteitag und einer Grünen-Mitgliederversammlung gebilligt werden, was als weitgehend gesichert gilt. Wahrscheinlich Ende Juni, also anderthalb Monate nach der Bürgerschaftswahl, würde dann der neue Senat gewählt – die erste rot-grüne Landesregierung seit dem Ende der Koalition in Nordrhein-Westfalen 2005.

Das künftige Bündnis ist für SPD-Landesparteichef Uwe Beckmeyer „eine Sympathie-Ehe“. Trotz teils harten Ringens „musste keiner Kröten schlucken“, sagte er. Die Grünen-Landesvorsitzende Susan Mittrenga sprach lieber von einer „Vernunftsheirat“, meinte aber: „Dieser Vertrag atmet einen gemeinsamen Geist.“

Strittig waren bis zuletzt zwei Punkte: die geplante neuerliche Außenweser-Vertiefung, die es auch besonders großen Containerschiffen ermöglichen soll, sogar bei Niedrigwasser Bremerhaven anzulaufen – und der vom Senat zu genehmigende Plan der privatisierten Stadtwerke, ein 900-Megawatt-Kohlegroßkraftwerk zu bauen, das jährlich fast fünf Millionen Tonnen Kohlendioxid ausstoßen würde. Mit Rücksicht auf die Hafenwirtschaft akzeptierten die Grünen die Weservertiefung. Dafür soll aber laut Mittrenga „die ökologische Qualität der Weser stark aufgewertet“ werden, etwa durch neue Überflutungsräume vor den Deichen. Das Thema Kraftwerk wurde quasi vertagt: Vor der Senatsentscheidung darüber ist ein „ergebnisoffenes Prüf- und Moderationsverfahren“ mit Experten von Öko-Institut und Deutscher Energie-Agentur geplant.

Neue Akzente will die Koalition in der Sozial- und Bildungspolitik setzen. In Kindertagesstätten soll das Mittagessen für Geringverdiener kostenlos werden. Zudem werden Betreuungszeiten und Personal ausgeweitet. Langfristig wird eine „Schule für alle“ bis Klasse 10 erwogen. Für Kultureinrichtungen und Nahverkehr sind Sozialtickets geplant. Im Bundesrat will Bremen beantragen, einen Mindestlohn von 7,50 Euro pro Stunde einzuführen. Die Wirtschaftsförderung wird überwiegend von Zuschüssen auf Darlehen umgestellt. Lehrkräfte, Polizisten und Feuerwehrleute bleiben künftig vom Personalabbau verschont. Dafür soll in anderen Behörden umso stärker gespart werden – wo genau, wird erst bei den Haushaltsberatungen entschieden. „Wir wollen ja keine Ausgabenkoalition sein, sondern eine Koalition, die auch konsolidiert und spart“, sagte SPD-Chef Beckmeyer. Nach seinen Worten hat es lange nicht mehr „so zurückhaltende, sparsame Koalitionsverhandlungen“ gegeben. Die Landesregierung soll weiterhin aus sieben Mitgliedern bestehen. Fünf davon stellt die SPD: Jens Böhrnsen bleibt Bürgermeister, die vier anderen Sozialdemokraten werden erst am Montag benannt. Für die Grünen übernimmt die bisherige Fraktionschefin Karoline Linnert das Finanzressort. Der einstige umweltpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Reinhard Loske, wird Bau- und Umweltsenator.

Trotz des bekräftigten Sparkurses wird für die Grünen im Finanzressort ein zweiter Staatsrat (Staatssekretär) eingeführt.

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