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Sozialgerichts-Urteil: Kassenvorstände müssen Gehälter veröffentlichen

Die Pflicht der gesetzlichen Kassen, die Gehälter ihrer Vorstände zu veröffentlichen, ist einem Urteil des Bundessozialgerichts zufolge nicht zu beanstanden. "Gemeinwohlbelange" stünden hier über dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Vorstands.

Kassel - Die vom Gesetzgeber eingeführte Pflicht, die Vorstandsgehälter offen zu legen, sei "durch überwiegende öffentliche Interessen gerechtfertigt" und daher nicht verfassungswidrig, urteilte das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. In einem Musterverfahren wies es deshalb die Klagen der BKK Diakonie und ihres Alleinvorstandes ab. (Az: B 1 A 3/06 R)

Bundesweit gibt es rund 250 gesetzliche Krankenkassen mit insgesamt 70 Millionen Mitgliedern. Sie werden von einem hauptamtlichen Vorstand geleitet, der je nach Kassengröße aus ein bis drei Personen bestehen kann. Seit 2004 sind die gesetzlichen Kassen verpflichtet, jeweils zum 1. März die Gehälter ihrer Vorstandsmitglieder im Bundesanzeiger sowie in der jeweiligen Mitgliedszeitschrift zu veröffentlichen. Nach Angaben des Bundesversicherungsamtes wehrte sich etwa jede zehnte Kasse gegen die Veröffentlichung; 20 Verfahren seien noch anhängig, darunter auch eines einer großen Ersatzkasse.

"Voyeuristisches Interesse"?

In dem nun höchstrichterlich entschiedenen Musterprozess klagte die mit nur 26.000 Mitgliedern kleine BKK Diakonie in Bielefeld gegen eine Anordnung des Bundesversicherungsamtes, die Bezüge ihres Alleinvorstandes zu veröffentlichen. Die Kasse machte geltend, die Veröffentlichungspflicht verstoße gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ihres Alleinvorstandes. Auch die Berufsfreiheit sei verletzt, weil die Verhandlungsposition der Kassenvorstände mit möglichen neuen Arbeitgebern durch die Öffentlichkeit ihrer Gehälter geschwächt sei. Die Veröffentlichungspflicht diene lediglich einem "allgemeinen voyeuristischen Interesse", sagte der Anwalt der BKK in Kassel.

Wie dagegen das BSG entschied, sind die Eingriffe in die Grundrechte des Vorstandes durch "Gemeinwohlbelange" gedeckt. Der Gesetzgeber habe insgesamt mehr Transparenz im Gesundheitswesen schaffen wollen, um die Rechte der Versicherten zu stärken. Dazu sei die Veröffentlichungspflicht ein legitimer Beitrag. Denn an den Vorstandsgehältern werde "exemplarisch und plastisch" deutlich, wie die Kassen mit den Beiträgen ihrer Mitglieder umgehen. Auch Abgeordnete, Beamte, Richter und andere "Bedienstete in öffentlichen Funktionen" müssten die Kontrolle und Öffentlichkeit ihrer Bezüge hinnehmen. (tso/AFP)

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