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Sozialpolitik: Gesundheitsreform auf dem Weg

Der Gesetzentwurf zur Gesundheitsreform hat mit der Verabschiedung durch das Kabinett das erste Etappenziel erreicht. Kritiker aus Verbänden und den eigenen Reihen drängen aber weiter auf Korrekturen.

Berlin - Sie sei "sehr erleichtert und froh", dass der Entwurf nach langwierigen Beratungen nun auf den parlamentarischen Weg gebracht wird, sagte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) nach der Kabinettsitzung. Der Entwurf soll am Freitag in den Bundestag eingebracht werden und am 1. April 2007 in Kraft treten. Schmidt sprach von einem "großen Fortschritt für das deutsche Gesundheitswesen".

Schmidt betonte, mit dem Gesetzentwurf sei der Weg für eines der wichtigsten Reformvorhaben der großen Koalition bereitet. Mit dem Entwurf würden eine Strukturreform, die Neuordnung bei der Finanzierung und eine Reform der Privaten Krankenversicherung (PKV), die erstmals auch Kranke und Nichtversicherte ohne Ansehen des Risikos aufnehmen müsse, auf den Weg gebracht. Damit die Gesundheitsversorgung für 82 Millionen Menschen in Deutschland auch künftig bezahlbar bleibe, müssten Lobbyinteressen und Einzelforderungen zurückstehen, sagte die Ministerin.

Die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen, der PKV-Verband, Ärzte- und Apothekerverbände sowie die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) beharren hingegen auf einem "Neuanfang" in der Gesundheitspolitik. Die Reform würde das Gesundheitswesen "nur in die Sackgasse einer Zentralverwaltungswirtschaft führen", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von acht Interessenverbänden und -vereinigungen. Zugleich warnten sie vor Verschlechterungen bei der Versorgung der Patienten.

Kassen-Chef erwartet Pleitewelle

Der Chef der Barmer Ersatzkasse, Johannes Vöcking, erwartet als Folge der Gesundheitsreform eine Pleitewelle unter den Krankenkassen. Als Ursache nannte er in der Zeitung "Die Welt" vor allem die Ein-Prozent-Regel bei dem geplanten Zusatzbeitrag für Versicherte. Durch "Massenwanderungen von Versicherten" stelle sich für viele Kassen schnell die Existenzfrage. Er rechnet in zehn Jahren nur noch mit drei oder vier Anbietern.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erwartet nach Angaben von Vizeregierungssprecher Thomas Steg auch während der parlamentarischen Beratungen eine intensive, kontroverse Diskussion. Die Bundesregierung wolle sich nicht nur der Debatte stellen, sondern auch offensiv mit Interessengruppen das Gespräch suchen, kündigte er an.

Nahles: "Verbesserungen durchsetzen"

Die Koalitionsfraktionen hatten sich am Dienstag mit breiter Mehrheit hinter den Gesetzentwurf zur Gesundheitsreform gestellt. Trotzdem gibt es auch bei Politikern von Union und SPD weiter Bedenken. Die SPD-Linken bekräftigten ihre Kritik vor allem am Gesundheitsfonds und hoffen auf Nachbesserungen. SPD-Präsidiumsmitglied Andrea Nahles sagte im WDR, es gehe jetzt in den nächsten Wochen darum, "auch noch Verbesserungen im Parlament durchzusetzen". Der SPD-Abgeordnete Karl Lauterbach sagte der "Frankfurter Rundschau", ohne wesentliche Veränderungen "ist dieses Gesetz sehr problematisch". Er kritisierte vor allem den geplanten Zusatzbeitrag für Versicherte, der vor allem Einkommensschwache belasten würde.

Trotz kritischer Stimmen steht die SPD nach den Worten ihres Vorsitzenden Kurt Beck zu der Rreform. "Natürlich gibt es Skepsis an mancher Stelle. Aber die SPD ist nicht gespalten, sondern absolut verlässlich", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". (tso/AFP)

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