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Sozialpolitik: Länder zögern Einführung der Pflegereform hinaus

Nur Tage vor dem Starttermin der Pflegereform am 1. Juli ist sie immer noch Gegenstand von Diskussionen. Bisher haben nur sechs Bundesländer konkrete Planungen zur Umsetzung der Reform. Der Rest zögert noch.

Die Pflegereform kommt am 1. Juli und sorgt kurz vor ihrem Start weiter für Diskussionen. Der Sozialverband Deutschland (SoVD) meldete am Samstag Nachbesserungsbedarf an, während eine flächendeckende Einrichtung von wohnortnahen Pflegestützpunkten in Deutschland weiter ungewiss bleibt.

Nach Darstellung der "Braunschweiger Zeitung" gibt es erst in den sechs Bundesländern Berlin, Brandenburg, Bremen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein konkrete Planungen für die Einrichtung dieser Beratungsstellen für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen. Die Mehrzahl der Länder zeige sich zwar aufgeschlossen, wolle aber zumeist bis Jahresende erst bestehende Angebote erfassen und Konzepte prüfen. Thüringen habe dagegen bereits entschieden, vorerst keine Pflegestützpunkte einzurichten. Nach einem Koalitionskompromiss sollen die Länder entscheiden, ob sie solche Stützpunkte einrichten.

Die Länder zögern noch

Niedersachsens Sozialministerin Mechthild Ross-Luttmann sagte, erst nach einer laufenden Erhebung sei eine Entscheidung möglich, ob ein Bedarf an Pflegestützpunkten bestehe. "Wir wollen keine neue kostenträchtige Bürokratie und nicht Finanzmittel der Pflegeversicherung einsetzen, die dann für die Pflege fehlen", argumentierte die CDU-Politikerin.

Dagegen erklärte Bayerns Sozialministerin Christa Stewens (CSU), Doppelstrukturen oder die Zerschlagung vorhandener Beratungsstrukturen vermeiden zu wollen. Sie wolle den Startschuss für Pflegestützpunkte erst geben, wenn sie sicher sei, "dass die Beteiligten effektive Strukturen schaffen, damit sie tatsächlich einen Mehrwert für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen bringen".

Zuviele Arbeitnehmer von der Regelung ausgeschlossen

SoVD-Präsident Adolf Bauer begrüßte unterdessen den Rechtsanspruch auf eine Pflegezeit als einen echten Durchbruch. Damit werde es Berufstätigen erleichtert, sich um die Pflege ihrer Angehörigen zu kümmern. Er kritisierte allerdings, dass diese Freistellung von der Arbeit für maximal sechs Monate nur für die Beschäftigten in Betrieben mit mehr als 15 Mitarbeitern gilt. "Es darf auf Dauer nicht dabei bleiben, dass sechs Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von der Regelung ausgeschlossen bleiben", sagte Bauer. Die Pflegezeit müsse für alle gelten.

Die Älteren dürften nicht nur auf ihre Kosten reduziert werden, erklärte hingegen Ex-Arbeitsminister Norbert Blühm. Diese Generation dürfe nicht aus der Mitte des Lebens ins "Altersghetto" abgeschoben werden, erklärte der CDU-Politiker und warb für eine neue "Kultur der Generationen". "Ältere dürfen nicht auf der Parkbank abgelagert werden, sondern deren Hilfe muss in Anspruch genommen werden", sagte Blüm, der die Einführung der Pflegeversicherung 1995 politisch verantwortete.

Zugleich verteidigte er seine damalige Entscheidung für eine umlagefinanzierte Pflegeversicherung. Er halte diese Finanzierung nach wie vor "für die sicherste". Die Pflegeversicherung habe sich "bewährt", fügte der Ex-Minister hinzu. "Sie hat im Unterschied zu anderen Sozialversicherungen bis jetzt keine Beitragserhöhung oder einen Bundeszuschuss erfordert. Dass ihre Rücklagen geschmolzen sind, ist angesichts steigender Kosten und einer älter werdenden Gesellschaft kein Wunder", argumentierte er. (jg/ddp)

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