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Mehr als jeder Dritte der 60- bis 64-Jährigen war 2009 erwerbstätig.

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Sozialpolitik: Rente mit 67: Eines ist sicher

Die Erhöhung des Rentenalters soll auf jeden Fall kommen, sagt die Bundesregierung. SPD-Chef Gabriel fordert, die Reform zu verschieben, bis mehr Über-Sechzig-Jährige noch in Arbeit sind. Die Lage Älterer auf dem Arbeitsmarkt hat sich etwas verbessert.

Berlin - Die Bundesregierung will an der Rente mit 67 nicht rütteln, versichert Sozialministerin Ursula von der Leyen. Die CDU-Politikerin bestreitet, dass die Arbeitsmarktlage für Ältere zu schlecht sei, um 2012 wie geplant mit der Anhebung des Renteneintrittsalters zu beginnen. SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte zuvor gefordert, die Reform so lange zu verschieben, bis mehr 60- bis 64-jährige noch in Arbeit seien. Sonst sei die Rente mit 67 de facto eine Rentenkürzung.

Gesetzeslage

Die von Union und SPD im Jahr 2007 beschlossene Rentenreform sieht vor, dass zwischen 2012 und 2029 das Renteneintrittsalter schrittweise von 65 auf 67 Jahre angehoben wird. Für die Geburtsjahrgänge ab 1947 steigt das Rentenalter zunächst jährlich um einen Monat, später in Zweimonatsschritten. Im Jahr 2023 wird also das Renteneintrittsalter bei 66 Jahren liegen, 2029 dann bei 67 Jahren. Eine von der SPD durchgesetzte Überprüfungsklausel im Gesetz verpflichtet die Bundesregierung, vor dem Start der Rente mit 67 zu ermitteln, ob die Lage am Arbeitsmarkt dies erlaubt. Darauf beruft sich nun SPD-Chef Gabriel. Die Klausel enthält jedoch keinen Automatismus, der die Reform noch stoppen könnte. Solange die Bundesregierung nicht die Gesetze ändert, wird es also beim beschlossenen Zeitplan bleiben.

Arbeitsmarktsituation für Ältere

Für Ältere hat sich die Lage am Arbeitsmarkt in den vergangenen Jahren verbessert. 2009 war nach Angaben des Statistischen Bundesamts mehr als jeder Dritte (38,4 Prozent) der 60- bis 64-jährigen erwerbstätig, im Jahr 2000 war es nur jeder Fünfte (19,9 Prozent). Gezählt werden hierbei allerdings auch Minijobs. Doch auch der Anteil der Älteren ist gestiegen, die einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit nachgehen – wenn auch auf deutlich niedrigerem Niveau: Im Jahr 2008 waren nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit 21,5 Prozent der 60- bis 64-Jährigen sozialversicherungspflichtig beschäftigt, im Jahr 2000 war der Anteil mit 10,7 Prozent halb so groß. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung kommt 2009 in einer Studie zum Ergebnis, dass ältere Arbeitnehmer zwar nach wie vor unzureichend in den Arbeitsmarkt integriert seien, sich ihre Lage aber deutlich verbessert habe. Die Arbeitsmarktforscher machen dafür auch die beschlossene Anhebung des Rentenalters und die Einschränkungen der Frühverrentung verantwortlich.

Rentenbezug

Mit steigender Lebenserwartung nimmt auch die Zeit zu, in der Menschen Rente beziehen. Im Jahr 2008 betrug die durchschnittliche Rentenbezugsdauer 18 Jahre (Männer: 15,5 Jahre, Frauen: 20,4 Jahre). Bis 2030, prognostiziert das Statistische Bundesamt, werde die Lebenserwartung der 65-jährigen um gut 2,5 Jahre steigen – und damit auch die Dauer der Rentenbezüge. Die Befürworter der Rente mit 67 argumentieren daher, dass die real entstehenden Kosten vor allem den zukünftigen Rentnern aufgebürdet werden sollen, die ja auch von der längeren Rentenbezugsdauer profitieren – und nicht den jetzigen Rentnern oder den Beitrags- oder Steuerzahlern.

Rentenbeitrag

Die Rentenpolitik folgt zwei Zielen: Um die Beitragszahler nicht zu überfordern, sollen die Rentenbeiträge eine festgelegte Höhe nicht überschreiten, gleichzeitig sollen die Durchschnittsrenten nicht unter ein bestimmtes Niveau sinken. Bis 2020, so hat die Politik es festgelegt, soll der Beitrag bei maximal 20 Prozent liegen, 2030 nicht über 22 Prozent. Durch die Einführung der Rente mit 67 wird auch der Anstieg der Beiträge gedämpft – bis 2030 um etwa 0,5 Punkte, langfristig um deutlich mehr als einen Prozentpunkt. Der frühere Chef des Sachverständigenrats, Bert Rürup, warnt deshalb davor, die Rente mit 67 auszusetzen. Die Übergangsphase zu der höheren Altersgrenze sei so gewählt worden, dass die geburtenstarken Jahrgänge der Nachkriegszeit noch von der Rente mit 67 erfasst würden. „Eine Verschiebung oder gar ein Verzicht auf die Rente mit 67 hat nicht nur eine Verfehlung des Beitragssatzziels sondern auch negative Wachstumseffekte zur Folge“, sagt Rürup, der heute Vorstandsmitglied der Maschmeyer-Rürup AG ist, die unter anderem Versicherungen berät. In den nächsten 30 Jahren, sagt Rürup, werde die Gesamtbevölkerung nur moderat abnehmen, aber die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter werde deutlich stärker zurückgehen. Dies wirke dämpfend auf den Pro-Kopf-Wohlstand. Durch die Rente mit 67 werde der Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials gebremst, meint Rürup. Dies führe nach den Berechnungen des Sachverständigenrates für eine ganze Reihe von Jahren zu einem bis zu 0,3 Prozentpunkte höheren Wachstumspotenzial und damit zu besseren Wachstumsbedingungen.

Abschläge

Wer früher in Rente geht, muss dafür Abschläge bei der Rente hinnehmen. Im Jahr 2009 gingen die Deutschen nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung Bund im Durchschnitt mit 63,2 Jahren in Rente, das ist ein Jahr später als noch im Jahr 2000. Erwerbsminderungsrentner sind aus diesen Zahlen herausgerechnet. Wer mindestens 45 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt hat, wird nach bestehender Gesetzeslage auch künftig mit 65 Jahren in Rente gehen können, ohne dafür Abschläge kassieren zu müssen.

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