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Ursula von der Leyen

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Sparkurs: Nichts zu Leyen

Arbeitsministerin Ursula von der Leyen soll sparen – umstritten ist die Frage, wie viel Spielraum es dafür überhaupt gibt.

Berlin - Die Bundesregierung muss sparen – aber wo setzt sie im Etat für das Jahr 2011 den Rotstift an? Vor der Sparklausur des Kabinetts Anfang Juni weckt besonders ein Bereich Begehrlichkeiten bei Koalitionspolitikern: der Etat von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU), mit 143,2 Milliarden Euro im Jahr 2010 der mit Abstand größte Posten im Bundeshaushalt. Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht hier „erheblichen Spielraum“.

Fast jeden zweiten Euro (45 Prozent) gibt der Bund für Arbeit und Soziales aus. Davon fließen rund 80 Milliarden Euro als Zuschuss an die gesetzliche Rentenversicherung. Für Hartz-IV-Leistungen zahlt der Bund insgesamt knapp 40 Milliarden Euro, davon etwa zehn Milliarden Euro zur Eingliederung Arbeitslose, also etwa für Weiterbildungen. Doch der Etat für Arbeit und Soziales bietet sich nach Ansicht des stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzenden Hubertus Heil „nur auf den ersten Blick“ für Einsparungen an. Ein Großteil der Ausgaben sei gesetzlich fixiert, sagte der Politiker dem Tagesspiegel.

Kürzungen beim Milliardenzuschuss an die Rentenkassen, wie Industrie-Präsident Hans-Peter Keitel sie am Wochenende ins Gespräch gebracht hatte, ließen sich nicht ohne Einschnitte für die Rentner umsetzen – und sind damit unwahrscheinlich. CSU-Chef Horst Seehofer machte am Dienstag deutlich, dass er den Rentnern „keine zusätzlichen Sparopfer abverlangen“ wolle. „Diese Generation hat viel geleistet“, sagte der bayerische Ministerpräsident der Online-Ausgabe der „Bild“-Zeitung. Aber auch bei den Ausgaben für Hartz IV dürfte der Spielraum für Einsparungen gering sein: Bis Ende des Jahres muss die Bundesregierung das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Hartz-IV-Regelsätzen umsetzen. Dass es für den Staat dann billiger wird, damit rechnet in der Koalition keiner. Im Gegenteil: Für Kinder dürften die Ausgaben insgesamt eher steigen – unabhängig davon, ob die Regelsätze erhöht werden oder mehr Geld für Gutscheine oder Sachleistungen gezahlt wird.

CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich weist daher auf eine andere Möglichkeit hin, im Etat des Arbeitsministeriums zu sparen. Er will den Arbeitsagenturen 2011 keinen Zuschuss mehr zahlen. In diesem Jahr erhält die Bundesagentur für Arbeit (BA) wegen der Wirtschaftskrise rund 13 Milliarden Euro aus der Steuerkasse, weil sie mit ihren Beitragsmitteln nicht mehr auskommt – zum einen, weil sie mit Milliardenbeträgen die Kurzarbeit finanziert, zum anderen, weil die Arbeitslosigkeit gestiegen ist. 2011 wird die Kurzarbeit zwar zurückgehen, ein Defizit in der Arbeitslosenversicherung ist dennoch zu erwarten. Sollte dies nicht durch einen Steuerzuschuss gedeckt werden, wie ihn noch vor einiger Zeit auch Leyen gefordert hatte, müsste der Arbeitslosenbeitrag voraussichtlich stärker steigen als geplant. Bisher ist lediglich ein Anstieg von 2,8 auf 3,0 Prozent vorgesehen.

Bleiben die arbeitsmarktpolitischen Programme: Der SPD-Arbeitsmarktexperte Heil warnte die Koalition davor, im Haushalt 2011 die Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik zu kürzen. „Es wird sich auch auf Dauer rächen, wenn man diesen Bereich zum Steinbruch macht. Das geht auf die Knochen der Langzeitarbeitslosen“, sagte Heil.

Der SPD-Politiker forderte die Koalition zudem auf, den Kompromiss zur Neuordnung der Jobcenter nicht aufzuschnüren. Heil kritisierte, im Bundesrat lägen mittlerweile 40 Änderungsanträge von Seiten der Unions-Länder vor. „Es ist grob fahrlässig, dass Arbeitsministerin Ursula von der Leyen dieses anarchische Treiben in der Union zulässt“, sagte er. Nach monatelangem Tauziehen hatten sich Union, SPD und Vertreter der Bundesländer auf den Erhalt der Jobcenter für die rund 6,5 Millionen Hartz-IV-Empfänger verständigt. Heil forderte die Arbeitsministerin auf, die mit der SPD getroffenen Abmachungen in der Koalition durchzusetzen. Dazu gehöre auch, 3200 befristete Stellen von Arbeitsvermittlern in den Jobcentern in unbefristete Arbeitsverhältnisse umzuwandeln. „Die Erfahrungen aus der Praxis zeigen: Wenn die Betreuung intensiver wird, verkürzt das die Arbeitslosigkeit.“

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