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Politik: SPD-Innenminister Stegner rettet Kieler Koalition – mit Rücktritt

Zum 15. Januar legt der Sozialdemokrat sein Amt nieder. Dafür will Regierungschef Carstensen das Bündnis fortsetzen

Die große Koalition in Schleswig-Holstein macht doch noch weiter. Aber Innenminister Ralf Stegner tritt zum 15. Januar 2008 zurück. Damit erfüllten die Sozialdemokraten die wichtigste Bedingung des Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen (CDU), der mit der Entlassung Stegners gedroht hatte. Das hätte zum Bruch der Koalition und dann wohl zu Neuwahlen geführt. Carstensen nahm den Rücktritt noch im Krisengespräch am Montag an.

Stegners öffentliche Äußerungen gegen in der Koalition getroffene Vereinbarungen brachten die CDU derart in Rage, dass sie sogar den Koalitionsbruch in Kauf genommen hätte. Nach dem unmissverständlichen Ultimatum des Kieler Regierungschefs tagte am Montag in Rendsburg eine Sechserrunde zur Krisenbewältigung. Carstensen hatte seinen Fraktionschef Johann Wadephul und Finanzminister Rainer Wiegard an seiner Seite, Stegner wurde von SPD-Fraktionsführer Lothar Hay und von der stellvertretenden Ministerpräsidentin und Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave begleitet. In dem Gespräch gab die SPD in der Form klein bei, dass Stegner selbst seinen Rückzug von der Regierungsbank erklärte. Es gilt als sicher, dass er auch aus eigenen Reihen dazu gedrängt wurde. SPD-Chef Kurt Beck sagte am Montagabend, Stegner sei zurückgetreten, um den Fortbestand der großen Koalition zu sichern. „Ich hoffe, dass mit diesem Zeichen der richtige Weg gefunden ist.“ Stegner sagte: „Wir werden niemandem erklären können, warum aus Nichtigkeiten oder wegen Reibereien eine solche große Koalition platzt.“

So gut es geht das Gesicht wahren und die Koalition retten – das war das oberste Gebot für die SPD, die sich in Schleswig-Holstein mehr als die Union vor Neuwahlen fürchten muss. Stegner versuchte seine persönliche Niederlage noch als politische Notwendigkeit zu verkaufen: Er kündigte offiziell seine Spitzenkandidatur für die 2010 anstehenden Landtagswahlen an. Der Schritt gebe ihm nun die Freiheit, den Wahlkampf so zu führen, „wie es meinem Naturell entspricht“. Ganz ohne jede Ironie betonte Stegner auch noch am Montagabend: „Bei Personalentscheidungen lassen wir uns vom Partner nicht reinreden.“

Der 47-Jährige rutscht ab Mitte Januar auf die Abgeordnetenbank im Kieler Landtag – in welcher Funktion, ließ er offen. Es darf angenommen werden, dass einem Spitzenkandidaten die Rolle eines Fraktionschefs besser stehen würde als ein Dasein als Hinterbänkler. Auch zur Innenminister-Nachfolge gab es von der SPD noch keinen Kommentar. Die personellen Alternativen sind aber nicht groß. Ein möglicher Kandidat könnte der schleswig-holsteinische SPD-Vize Andreas Breitner sein, der schon seit längerem für höhere Ämter als sein derzeitiges als Rendsburger Bürgermeister gehandelt wird.

Die CDU kokettierte auf der Pressekonferenz, bei der Carstensen die Fortsetzung der Koalition verkündete, mit ihrem Erfolg – der Stegner-Demission. Wadephul betonte, es wäre für den Regierungschef ein leichtes gewesen, Stegner zu entlassen. Doch er habe eine so fürsorgliche wie staatsmännische Führungsstärke bewiesen und eine „große politische und menschliche Leistung“ vollbracht. Carstensen selbst sagte: „Ein Schlussstrich wäre einfach gewesen.“

Der Konflikt im nördlichsten Bundesland hatte sich zuletzt daran entzündet, dass Stegner entgegen den Koalitionsbeschlüssen eine Elternbeteiligung bei der Schülerbeförderung ablehnte. Auch andere nicht mit dem Regierungspartner abgesprochenen verbalen Alleingänge hatten die CDU mehrfach gereizt. Wadephul stellte Stegner zuletzt mit der Linkspartei auf eine Stufe, woraufhin die SPD den Rücktritt des in der CDU beliebten Fraktionschefs gefordert hatte.

Dieter Hanisch[Rendsburg]

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