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© dpa

SPD-Parteitag: Ein bisschen Wende

Mit ihrem Dresdner Parteitag will sich die SPD-Spitze neu profilieren, aber alte Reformen verteidigen.

Berlin - Nach der verheerenden Niederlage im Bund will die SPD auf ihrem Parteitag am Wochenende in Dresden mit der Wahl einer jüngeren Führung sowie einer gründlichen Aussprache über die vergangenen elf Regierungsjahre einen Neuanfang einleiten. Einziger Kandidat für die Nachfolge des scheidenden Parteichefs Franz Müntefering ist der ehemalige Bundesumweltminister Sigmar Gabriel. Neue Generalsekretärin soll die Wortführerin der SPD-Linken, Andrea Nahles, werden. Einen entsprechenden Vorschlag an die Delegierten hatte der SPD-Vorstand bereits beschlossen.

Gabriel und Nahles galten über Jahre hinweg als innerparteiliche Gegner. Bei gemeinsamen Besuchen der Parteibasis in den vergangenen Wochen haben beide jedoch versprochen, in Zukunft eng und vertrauensvoll zusammenzuarbeiten. „Wir sind aufeinander angewiesen. Wer glaubt, der eine könne sich auf Kosten des anderen profilieren, wird ganz schnell gegen die Wand laufen“, sagte Nahles dem Tagesspiegel.

Als weitere Mitglieder der neuen SPD-Führung sollen Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit, der Hamburger SPD-Landeschef Olaf Scholz, seine nordrhein-westfälische Amtskollegin Hannelore Kraft sowie die Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, in die Riege der stellvertretenden Parteivorsitzenden aufrücken. Für den Chef der sozialdemokratischen Fraktionen im Europaparlament, Martin Schulz, wird in Dresden aller Voraussicht nach zusätzlich der Posten eines EU-Beauftragten geschaffen. Barbara Hendricks soll Schatzmeisterin bleiben.

Der Parteitag beginnt am Freitagmorgen mit einer Abschiedsrede Münteferings. Der Auftritt des 69-Jährigen, der den Vorsitz als einziger Sozialdemokrat zweimal innehatte, wird in der SPD mit Spannung erwartet. Müntefering war nach der Wahl von Teilen der Partei wegen seines eher autoritären Führungsstils heftig kritisiert worden. Auch gelten die von ihm in der Partei durchgesetzten Arbeitsmarkt- und Rentenreformen vielen Genossen als Ursache für die Niederlage bei der Bundestagswahl am 27. September. In Parteikreisen wurde vor diesem Hintergrund gerätselt, inwieweit Müntefering den Reformkurs der Vergangenheit bei seiner rund einstündigen Rede am Freitag rechtfertigen und verteidigen werde. Bei deutlichen und ausführlichen Bekenntnissen Münteferings zur Rente mit 67 und Hartz IV könne es zu heftigen Reaktionen bei der anschließenden Aussprache kommen, hieß es.

Ziel der neuen Führung um Gabriel ist es, eine völlige Abkehr der Partei vom Reformkurs der vergangenen Jahre in Dresden zu verhindern. Im Leitantrag des SPD-Vorstands wird eine gemischte Bilanz der SPD-Regierungszeit gezogen. Als Erfolge listet das Papier den Abbau der Arbeitslosigkeit, den Ausbau der Kinderbetreuung, die Energiewende sowie die Verteidigung der Arbeitnehmerrechte auf. Zugleich heißt es aber: „Unsere Politik hat auch Schwächen und Fehler gehabt.“ So habe die SPD in ihren Kernkompetenzen Arbeit und Soziales deutlich an Vertrauen und Glaubwürdigkeit verloren. Abträglich sei zudem die Anhebung der Mehrwertsteuer und des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre gewesen.

Die Jusos gingen kurz vor dem Parteitag auf Distanz zur künftigen Führungsspitze. Juso-Chefin Franziska Drohsel kritisierte, der Leitantrag sei nicht deutlich genug. In einem Initiativantrag fordert der Parteinachwuchs die SPD dazu auf, sich ihrem „Gerechtigkeitsdefizit“ stellen. In den SPD-Regierungsjahren sei die Schere zwischen Arm und Reich auseinandergegangen. Außerdem hätten die Hartz-Gesetze zur Reform des Arbeitsmarkes dazu geführt, dass „Armut trotz Arbeit“ heute für viele Beschäftigte Realität sei. Zur Rente mit 67 heißt es in dem Juso-Antrag, diese „wird der Lebenswirklichkeit in vielen Betrieben nicht gerecht“.

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