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Politik: SPD-Programm: Sozialdemokraten nehmen sich "Zähmung des Kapitalismus" vor

Die deutschen Sozialdemokraten wollen ihr Verhältnis zum Sozialstaat in ihrem neuen Grundsatzprogramm grundlegend neu gestalten. "Jeder Versuch, Sicherheit auf den alten Wegen zu gewährleisten oder zurückzugewinnen, wo sie brüchig geworden sind, wäre ein Kampf gegen Windmühlen", sagte der stellvertretende SPD-Vorsitzende, Verteidigungsminister Rudolf Scharping, am Dienstag auf einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin.

Die deutschen Sozialdemokraten wollen ihr Verhältnis zum Sozialstaat in ihrem neuen Grundsatzprogramm grundlegend neu gestalten. "Jeder Versuch, Sicherheit auf den alten Wegen zu gewährleisten oder zurückzugewinnen, wo sie brüchig geworden sind, wäre ein Kampf gegen Windmühlen", sagte der stellvertretende SPD-Vorsitzende, Verteidigungsminister Rudolf Scharping, am Dienstag auf einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin. "Der national gestaltete Sozialstaat war eine wichtige Etappe", erklärte Scharping: "Wir werden ihn nicht abschaffen, wohl aber grundlegend modernisieren."

Scharping ist Geschäftsführender Vorsitzender der SPD-Programmkommission, die auf dem letzten Parteitag der Sozialdemokraten im Dezember 1999 in Berlin eingerichtet wurde. Vorsitzender ist SPD-Chef Gerhard Schröder. Scharping wies darauf hin, dass die SPD erstmals ein neues Grundsatzprogramm erarbeitet, während sie im Bund die Regierungsverantwortung trägt. Das bestimmt auch die Programmdebatte: "Es muss ein Programm sein, das unsere Politik in Berlin einbettet in zentrale Perspektiven für unsere Politik", sagte er.

Außerdem erzwingt die Globalisierung nach Ansicht des SPD-Politikers, dass die europäische und internationale Ausrichtung verstärkt werden muss. "Die Globalisierung stellt die Frage nach der Identität und dem Zusammenhalt der Gesellschaft wieder in aller Schärfe", sagte Scharping. Politik müsse gerade wegen der Entgrenzung des Raumes, der Beschleunigung in der Nutzung der Zeit und der Auflösung traditioneller Bindungen, die Folgen der Globalisierung sind, darüber nachdenken, den Märkten Ordnungsrahmen zu setzen. Es gehe um "die Zähmung des Kapitalismus, der jetzt auf Weltebene eine noch größere Kraft annimmt", erklärte Scharping.

Mit ihrer Programmdebatte wolle die SPD zeigen, "welche Antwort die deutsche und europäische Sozialdemokratie auf die Umbrüche von Globalisierung und Wissensgesellschaft gibt", sagte der stellvertretende SPD-Chef weiter. Auch Scharping räumte ein, dass die Bedeutung und die Bindekraft politischer Programmtexte angesichts der Dominanz der schnellen Bilder in der modernen Mediengesellschaft nachgelassen habe. Dennoch: "Die Sozialdemokratie bleibt Programmpartei", sagte er. Auch pragmatische Politik sei letztlich nur möglich und überzeugend, wenn sie einer erkennbaren moralischen Leitlinie folge.

In der Debatte über den Sozialstaat soll die Eigenverantwortung der Bürger stärker betont werden. Scharping: "Wir verlagern den Akzent von den erstrebten Ergebnissen auf die Nutzung der angebotenen Chancen und auf Vorsorge und Gestaltung statt auf Nachsorge und Reparatur." Das sei kein Rückzug der Politik aus der Verantwortung, wohl aber eine Verlagerung der Schwerpunkte und eine höhere Qualität von Partizipation der Bürger.

Carsten Germis

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