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SPD-Chef Sigmar Gabriel.

© dapd

SPD und Euro-Bonds: Willy-Brandt-Haus gegen Élysée-Palast

Seit Wochen sucht SPD-Chef Sigmar Gabriel demonstrativ die Nähe zum neuen französischen Staatspräsidenten François Hollande. Seit kurzem rücken die Sozialdemokraten aber von den französischen Forderungen nach Euro-Bonds ab.

Von Hans Monath

Kaum war die SPD auf Distanz zu den Euro-Bonds-Plänen des französischen Präsidenten gegangen, entdeckte FDP-Generalsekretär Patrick Döring einen neuen Verbündeten gegen Merkels Gegenspieler in Paris. Stets habe SPD- Chef Sigmar Gabriel die Vergemeinschaftung von Schulden „als Allheilmittel für die Sorgen Europas“ dargestellt, höhnte der Liberale am Donnerstag. Nun müsse die SPD ihrem sozialistischen Freund François Hollande „unmissverständlich klarmachen, dass es Euro-Bonds nicht geben darf und nicht geben wird“.

Zwar geißeln SPD-Vertreter die aktuelle Diskussion über die Vergemeinschaftung europäischer Schulden als „Ablenkungsdebatte“, in deren Schatten die Kanzlerin ihre Wende hin zu einer europäischen Wachstumspolitik vorbereite. Die Stichworte für diese Debatte aber haben sie selbst geliefert. Als Erster markierte Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann die Entfernung. Der gewiefte Rhetoriker setzte deutliche Abstandssignale zu Paris. Für allgemeine Euro-Bonds gebe es keinen Bedarf, sagte er, die Debatte darüber sei nicht aktuell.

Auch SPD-Chef Gabriel ließ anders als noch vor Monaten keine Euphorie für Euro-Bonds mehr erkennen. Die Debatte um Euro-Bonds, wie Hollande sie fordere, sei skurril, sagte er im ARD-„Morgenmagazin“. Gemeinschaftlich garantierte Schulden werde es „in der Allgemeinheit garantiert nicht geben“. Die neue Betonung der Distanz fällt umso mehr auf, als Gabriel in der Bewertung von Hollandes Siegs zuvor überschwängliche Töne angeschlagen hatte.

Doch in der SPD wachsen die Zweifel, ob eine allzu enge Achse zu Paris bei deutschen Wählern nicht die Angst schürt, die Sozialdemokraten wollten sie für die Schulden der anderen zahlen lassen. In der Fraktionssitzung am Dienstag warnte Ex-Parteichef Franz Müntefering, die SPD müsse eigene Antworten herausstellen. Auch Gabriel erklärte, es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass die SPD die Interessen anderer Länder vertrete. Oppermanns Betonung der Eigenständigkeit am Tag danach klang wie eine Lehre daraus. „Ich rede für uns und nicht für Frankreich“, erklärte er: „Wir sind zuerst für unser Land verantwortlich.“

In der SPD-Fraktion wird ein Richtungswechsel aber vehement bestritten. Die Forderung nach Euro-Bonds sei immer streng gebunden gewesen an eine gemeinsame europäische Finanz- und Wirtschaftspolitik, die es bislang nicht gebe, heißt es. Gern weisen Sozialdemokraten dagegen darauf hin, dass bei den Forderungen nach einem europäischen Wachstumspaket mit Hollande große Übereinstimmung bestehe. Die Genossen nehmen intern für sich in Anspruch, die entscheidende konzeptionelle Vorarbeit geleistet zu haben. Sowohl in Frankreich wie in Italien seien die Berliner Vorschläge aufgegriffen worden, heißt es.

Die Differenzen zwischen Élysée-Palast und Willy-Brandt-Haus kann Gabriel voraussichtlich mit Hollande persönlich besprechen. Der Präsident hat den SPD-Chef nach Paris eingeladen. Ein Termin aber steht noch nicht fest.

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